Dokument 
Die Arbeits- und Lebensverhältnisse der Wiener Lohnarbeiterinnen : Ergebnisse und stenographisches Protokoll der Enquete über Frauenarbeit, abgehalten in Wien vom 1. März bis 21. April 1896
Entstehung
Seite
663
Einzelbild herunterladen

6Ü3

Vorsitzender: Sie dürften wohl keiner Organisation angehören?

Exp. Nr. 178: Nein.

Vorsitzender: In Ihrer Branche fühlt man sich besser als die Arbeiter. Sie lesen auch keine politischen Zeitungen? Exp. Nr. 178: Nein.

Wittelshöfer: Was haben Sie zuerst für einen Lohn gehabt und wie hat sich das gesteigert?Exp. Nr. 176: Zuerst habe ich fl. 12 gehabt.

Wittelsh öfer: Haben Andere einen ähnlichen Lohn gehabt? Exp. Nr. 178: fl. 15 und 18 war der höchste Lohn für eine Handarbeiterin in unserem Geschäft.

Wittelshöfer: Welche Werkzeuge hatten die Arbeiterinnen bei­zustellen ? Exp. Nr. 178: Lcheere, die Zange, die man zum Zwicken der Formen braucht.

Wittelshöfer: Haben Sie mit Kundschaften zu thun gehabt?

Exp. Nr. 178: Auch, wer sich dazu verwenden ließ.

Wittelshöfer: Mußten Sie da nicht etwas eleganter gekleidet sein? Exp. Nr. 178: Nein.

Dr. Ofner: War das Vorzimmer, wo Sie saßen, geheizt? Exp. Nr. 178: Nein.

Dr. Ofner: Warum sind Sie dann nicht nach Hause gegangen? Exp. 178: Wenn man weit hat, kann man nicht nach Hause gehen.

Vorsitzender: Es sind zwei Schreiben folgenden Inhaltes au die Commission eingelangt. Dieselben lauten:

Euer Hochwohlgeboren!

Wollen gütig entschuldigen, daß wir mit einer innigen Bitte be­lästigen und Ihre gütige Vermittlung in einer uns sehr nahe gehenden Angelegenheit in Anspruch nehmen.

Gestern Sonntag den 19. April erhielten wir dieReichspost" zu­gesendet, wo in der Enquete über dieFrauenarbeit" unter der Spalte Concurreuzsrageu" angeführt wurde, daß zwei Schwestern aus Döbling mit einem Musterkoffer von Pfarrhos zu Pfarrhof fahren.

Es ist dieses total unrichtig und unwahr, es ist noch nie vorge­kommen und wird in alle Zukunft nicht geschehen, da sich dieses mit unseren Ordensstatuten gar nicht verträgt und nicht erlaubt ist.

Wir sticken sehr wenig und nur, was uns freiwillig übertragen wird, da wir ja als Hauptzweck die Erziehung armer Kinder haben.

Der geringe Erlös von den wenigen Stickarbeiten wird als kleine Beihilfe zur Erhaltung unserer ärmsten Jnstitutszöglinge, welche theils unentgeltlich, theils unter sehr geringen Kostendedingmftgen aufgenommen wurden, verwendet.

Ich möchte daher Euer Hochwohlgeboren recht sehr bitten, diese Richtigstellung gelegentlich in der Sitzung gütigst übernehmen zu wollen, wofür wir zum Voraus unseren größten Dank aussprechen.

In größter Hochachtung ergeben

Schwester Assumptz v. a. Kind Jesu, Oberin.

Döbling, 20. April 1896.

Wien, den 19. April 1896. Löbliche Commission!

So gerne ich durch meine Anwesenheit bei der heutigen Sitzung mein bescheidenes Scherflein zu dem löblichen Zweck der Enquöte beige­tragen hätte, ist es mir leider nicht möglich, abzukommen, da ich vorigen