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Die Arbeits- und Lebensverhältnisse der Wiener Lohnarbeiterinnen : Ergebnisse und stenographisches Protokoll der Enquete über Frauenarbeit, abgehalten in Wien vom 1. März bis 21. April 1896
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einwänden wenigstens begegnet zu sein. Wir baden uns den Angriffen gegen­über, die in einem Theil der Presse und von einem Theil des Unternehmer- thums gegen uns vorgekommen sind, größteutheils stillschweigend verhalten, wie das der Natur der Sache ja auch vollständig entspricht. Nicht wir wollen für unsere Arbeit, sondern unsere Arbeit soll sür uns sprechen und wir fragen uns nun heute, wo wir am Ende dieser Arbeit sind, was wir erreicht haben. Wir haben immerhin das Eine erreicht, daß wir ein wichtiges, werth- volles und belehrendes Material hergestellt haben, ein Material, das zugleich geeignet ist, die öffentliche Aufmerksamkeit in Wien auf ein Capitel der Zustände in unserem Wirthschaftsleben zu lenken, das gewiß im höchsten Grade Beachtung verdient. Endlich ist es ja wahrscheinlich oder doch möglich, daß unsere Berathungen auch noch Resultate in der legis­lativen Körperschaft zu Tage fördern werden, wodurch wir dann allerdings für Diejenigen, deren Schicksale wir vernommen haben, auch etwas Positives erreicht hätten. Es wird die Aufgabe der Commission sein, die Ergebnisse zu fixiren, wahrscheinlich ich will das unvorgreiflich sagen durch die Veröffentlichung der Protokolle in irgend einer passenden Form. Zu diesem Zwecke werden wir zu den Kosten, die uns die Enquete bisher verursacht hat, noch weitere anwachsen sehen, wir hoffen aber, daß wir sie ebenso decken werden, wie wir bis jetzt schon einen großen Theil derselben auf­gebracht haben, und sind in dieser Beziehung ohne jede Sorge. Wir müssen heute, am Tage des Schlusses dieser Enquete, es besonders hervorheben, daß der Charakter der Commission dadurch bemerkenswerth ist, daß in ihr alle verschiedenen Parteien vertreten waren. Wir haben versucht, so viel als möglich diese verschiedenen politischen Parteien unseres Landes hier ver­treten zu haben, und wenn nicht alle vielleicht in der Weise vertreten sind, wie sie es selbst gewünscht hätten, so ist es nicht unsere Schuld. Denn wir haben uns die größte Mühe gegeben, jeder die Vertretung nach ihrem Willen zu ermöglichen. Es muß an dieser Stelle auch der HViener Tagespresse dafür gedankt werden, daß sie unsere Verhandlungen mit Aufmerksamkeit verfolgt hat, und daß die Blätter die ausgegebenen Berichte auch zum größten Theile sehr reichlich benützt haben. Natürlich gibt es ja auch Blätter, die schon nach ihrem Umfangedie ausgegebenenBerichtenichtganz benützen konnten. Im All­gemeinen müssen wir sagen, daß die Presse sich um diese Veröffentlichungen angenommen hat. In ganz besonders hervorragender Weise müssen wir der niederösterreichischen Handels- und Gewerbekammer Dank sagen, die es uns ermöglicht hat, die Enquete in so angenehmen Räumlichkeiten vorzunehmen, in denen wir ja in diesen Wochen beinahe heimisch geworden sind. Und so können wir, bei allem Bewußtsein dessen, wie Vieles an der Enquöte mangel­haft war, doch mit einer gewissen Befriedigung von der Arbeit nicht Ab- schied nehmen, sondern nur ihren öffentlichen Theil heute beendigen. Diese Enquöte wird vielleicht die wohlthätige Folge haben, daß in späterer Zeit in anderer oder ähnlicher Form, vielleicht eindringlichere, detaillirtere und auch abgegrenztere Untersuchungen werden vorgenommen werden können. Wir bescheiden uns, den Anstoß gegeben zu haben, und schließen unsere öffentlichen Sitzungen mit dem Bewußtsein, daß wir ein tüchtiges Stück Arbeit geleistet haben, das, wenn es von allen maßgebenden Factoren gehörig beachtet wird, auch werthvolle Resultate für Diejenigen insbesondere hervorbringen kann, deren Existenz in den vielen Wochen in oft sehr leb­hafter und oft auch sehr erschütternder Weise vor unseren Augen vorüber­gezogen ist. Wenn es uns möglich wäre, durch diese unsere Arbeit ins­besondere nach dieser Richtung hin einen Erfolg zu erzielen, wenn etwa die Enquete den ersten Anstoß dazu gegeben haben sollte, daß die österreichische Gesetzgebung sich mit der Frauenarbeit eindringlicher beschäftigt, und wenn diese Enquete etwa der erste Anstoß dazu gewesen sein sollte, daß in kürzerer absehbarer Zeit von Gesetzeswegen die Lage der Arbeiterinnen materiell