Der Weinbau.
483
mein und sogar in Gegenden ausgebreitet hat, wo früher nur Wein getrunken wurde, hat sich auch mit gänzlicher Verdrängung der geringeren Weine der Geschmack für Getränke überhaupt geändert und zieht man jetzt überall die feinen, lieblichen, reinschmeckenden, jüngeren nnd dünnkräftigen Weine vor. Gute Cultur im Weingarten, verständige Behandlung im Keller, thätiger aber reeller kaufmännischer Betrieb beim Verkaufe ist besser, als — das Pochen auf altes Renommee, den Grund zu dauerndem und lohnenden Absätze zu legen. Diesen Anforderungen der Zeit aber kann der einzelne, am wenigsten der kleine Weinbauer, nicht genügen. Dafür aber ist ihm in der Vereinigung mit anderen die Gelegenheit geboten, seinen Erwerb sogar besser und profitabler zu betreiben, als früher allein. — Preußen ist in der obenbenannten Gesammtweinproduction des Zollvereins mit 14,47 pCt. betheiligt; seine bekanntesten Weine sind die weißen Sorten von der Mosel und Saar und die rothen von der Ahr. — Hessen-Darmstadt ist mit 8,^7 pCt., die übrigen Zollvereinsstaaten mit 5,^ pCt. daran betheiligt. Nassau erzeugt die kostbarsten und edelsten Weine des Rheingaues, den weltberühmten feurigen Rüdesheimer, Steinberger und Markobrunner und Veilchenduftenden Hochheimer. Neben Nassau in erster Linie in der Weinpro- duction am Rheine, sowohl qualitativ als quantitativ in musterhafter Weise betrieben (der Producent strebsam, der Weinhändler intelligent und thätig), steht Hessen da.
In der Schweiz ist dem Weinbau eine kleine Bodenfläche zugewiesen und beschränkt sich, mit Ausnahme der Seeweine, des Delt- liners u. dergl. auf die in der französischen Schweiz, besonders in Vevey und Lavaux, Ivorne und Aigle, im Canton Neufchatel, auch im Canton Wallis gezogenen Sorten. Auch in der Schweiz bestehen Weinbaugenossenschaften, wie jene der Bündnerischen Weinbaugesellschaft. Die schweizerische Weinproduction wird auf 1,600,000 Eimer (prenß.) angegeben.
Italien, einst die Wiege des Weinbaues, ist eines der am meisten producirenden Weinbauländer. Indessen wird dem Weinbau nur die notdürftigste Pflege und Aufmerksamkeit gewidmet, so daß dieser reiche Naturschatz beinahe nur für die Consumtion im Lande dient. — Aehnlich verhält es sich mit Spanien, einem Lande, das so groß wie Frankreich ist und für die Weinzucht ein noch viel günstigeres Clima voraus hat. Diese schönen Länder, sie sind landwirtschaftlich tief gesunken, und wenn man den Maaßstab in Ziffern anlegen will, so bietet uns eine Liste des „Preuß. Staatsanzeigers" über die Größe der Produktion der verschiedenen Wein bauenden Länder den Anlaß zum Vergleiche des letztgenannten Landes mit seinem zehnmal kleine- . ren Nachbar, Portugal. Denn dieses Producirte 1866 an Wein 5H Mill. Eimer, während jenes nicht einmal 8 A Mill. Eimer auszuweisen hat. — Griechenlands Weinproduction ist auf H Mill. Eimer angeschlagen; und die Südrußlands auf 200,000 Eimer.