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Die Beschäftigung des weiblichen Geschlechts in der Hand-Arbeit oder praktische Nachweisung der Thätigkeit der Frauen im Haushalte, im Verkehr, in der Klein- und Groß-Industrie, in den verschiedenen Gewerben, selbstständigen Erwerbsarten, und den zunächst damit verbundenen Absatz-Geschäften / von A. Daul. Mit einem Vorwort von Max Wirth
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Verschiedene Arbeiten aus natürlichen Blumen. 577

ist. Das so präparirte Blatt wird, wie vorher, auf Zeichenpapier gebracht, darüber ein reines Stück Papier gelegt und mit der Hand leicht angedrückt, bis der Abdruck erfolgt ist.

Blätter kann man zu Bouquets, Guirlanden, Krän­zen oder anderer Zierde ausrippen. Untersucht man sorgfältig ein Blatt, dann findet man an ihm eine Menge kleiner Fasern oder Rippen, welche sich in verschiedenen Richtungen verlau­fen und gewöhnlich ein sehr feines Netzwerk bilden. Diese Fasern sind wie das Aestwerk des Baumes, sich so fein ausbreitend und verzweigend, bis die zarteren zu klein und nicht mehr ohne Mikros­kop gesehen werden können. Die Zwischenräume dieser Adern sind mit einer weichen Substanz ausgefüllt. Dies Zellcngewebe verfault leichter, als die holzige Faser und kann, wenn richtig behandelt, ent­fernt werden, wobei ein zarteres und schöneres Netzwerk übrig bleibt, als selbst unsere Spitzen sind. So werden unsere gewöhnlichen Blätter­formen, entkleidet von dem grünen Gewebe, welches ihre Hauptmasse bildet, ein zartes, weißes Gerippe erhalten, welches trotzdem vollkom­men die Form des Blattes mit seinem fein verschlungenen und ge­äderten Netz- und Faserwerk behält, und man kann je nach Geschmack und Belieben Sträuße rc. daraus fertigen. Dies auszuführen gewährt nicht blos Vergnügen und Belehrung, sondern bietet auch die Gele­genheit zu einem passenden Erwerbe. So wurden Baum- und Pflanzenblätter schon 1645 künstlich präparirt und diese Kunst von dem berühmten Amsterdamer Anatomen Ruysch 1723 wieder zum Vorschein gebracht. Von Du Hamel's derartigen Präparaten sind den Verhandlungen der französischen Akademie der Wissenschaf­ten von 1730 sogar Zeichnungen beigegebcn. Francis Nicholls ging noch weiter; denn nachdem er ein Blatt ausgerippt hatte, spal­tete er es sogar in zwei Hälften und theilte jede Faser. Es werden zu solchem Verfahren gewöhnlich Blätter von sehr fester Struktur gewählt, wie vom Apfel, von der Birne, Camelie, Bciybeere, vom Epheu oder Jasmin. Die beste Zeit, sie zu benützen, ist die der Reife. Zuvor sind sie zu zart und die Fasern zerbrechen. Sind sie aber zu reif, so wird das Zellengewebe zu hart und kann nicht leicht entfernt werden. Einzelne Blätter, oder Zweige, welche Blätter und Samengefäßc enthalten, werden einige Minuten in heißes Wasser eingetaucht, dann sorgfältig in kaltes Negcnwasser gelegt und dort ruhig liegen gelassen, bis sie hinreichend gefault sind. Dies erfor­dert von 12 Tagen bis zu 3 Wochen, ja mehr. Das Wasser braucht man nicht zu wechseln. Wenn das Blatt weich und breiig ist, so nimmt man es sorgfältig heraus, legt es auf eine Platte, mit gerade Wasser genug, um es zu.bedecken. Dann fährt man mit einem fei­neren Kameelhaarpinsel darüber, um den Brei zu entfernen. Geht derselbe nicht leicht ab, so legt man das Blatt noch mehrere Tage in's Wasser, bis Alles, außer den Fasern, abgestreift werden kann. Das Ansehen dieser Blättergerippe wird verschönert, wenn man

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