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Die Groß-Industrie Oesterreichs : Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Österreichs 1898 ; Dritter Band
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Die Firma betheiligte sich ausser in der Heimat auch mit namhaften Opfern an fast allen grossen auslän­dischen Weltausstellungen, z. B. in London 1851, Paris 1855, 1867, 1878, sowie an den überseeischen Concurrenzen in Philadelphia 1876, Melbourne 1880, Chicago i8g3, fungirte theilweise als Jury-Mitglied und errang zahlreiche Auszeichnungen, darunter die Allerhöchsten Anerkennungen Sr. k. u. k. Apostol. Majestät Kaiser Franz Josef I. 1878 und 1882, sowie die Hoftitel von Oesterreich-Ungarn, Rumänien, Schweden und Norwegen.

Die Hauptrichtung des Exportes erstreckte sich von Beginn an naturgemäss in die Balkanländer und Russ­land, während später in Aegypten, Persien, Java, den Vereinigten Staaten, Chile, vereinzelt auch in Süd-Afrika und Argentinien Absatz gefunden wurde. Der rumänische Zollkrieg, sowie die enorm gesteigerten russischen Zölle haben dem Exporte eine schwere, nie mehr gutzumachende Einbusse gebracht, während sich auch die Mac Kinley- Bill unangenehm bemerkbar machte.

Deutschland hat bereits vor den letzten Zollverträgen den Zollsatz von M. 50. für rohe Wagen gestrichen, während derselbe nach Oesterreich fl. 25. blieb.

Die plötzliche Beseitigung des Eisenbahntarifsatzes für zerlegte Wagen als sperriges Gut und die ausschliess­liche Anwendung der Seriensätze von 1500 und 2500 kg drohten 1895 jede Fernsendung zu vereiteln und hätten bei längerer Dauer die industrielle Thätigkeit völlig lahmgelegt.

Im Vereine mit zwei befreundeten Firmen gelang es durch eindringliche Vorstellungen bei sämmtlichen Bahnen, hauptsächlich jedoch dank der überaus raschen und energischen Intervention der Handels- und Gewerbe­kammern in Wien und Olmütz, diese drohende Gefahr abzuwenden und dem in Deutschland geltenden Frachtsätze von 1000 Ag mit 1200 kg wenigstens nahezukommen, während der sperrige Satz unter gewissen Bedingungen er­halten blieb.

Die Firma verfügt in ihren Floridsdorfer Werkstätten über ein Terrain von 38.000 w 2 . Hier befinden sich im Freien ein Holzlager von ca. 2000 m . 3 und in den Fabrikslocalitäten 2 Dampfmaschinen von ca. 40 HP, mecha­nische Holzbiegerei, Gattersäge, 2 Dampfhämmer, Giesserei mit Cupolofen für Grau- und Gelbguss, galvanische Vernickelungsanlage, sowie ca. 100 verschiedene Werkzeugmaschinen zur Erzeugung aller Wagenbestandtheile, ins­besondere der Federn, Achsen und Räder.

Im Jahre 1852 erzeugte die Firma ihren Wagen Nr. i3oo, 1873 Nr. 10.000, 1898 Nr. 23.500.

Ueber die Lage der in den einzelnen Betrieben der Firma beschäftigten Arbeiter sei zum Schlüsse noch Folgendes gesagt: Nachdem die Anzahl der industriellen Betriebe im Wagenbau gegenüber den Kleinbetrieben eine verschwindende ist und die Arbeiter häufig zwischen Fabrik und Meister wechseln, so hat sich der handwerks- mässig-patriarchalische Charakter des Verhältnisses noch immer zum grossen Theile bewahrt und ist der Verkehr zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer von jeder Gereiztheit oder Gehässigkeit frei.

Seit dem allgemeinen Wagnerstrike in Wien vom Jahre 1872, zur Zeit der fieberhaften Thätigkeit vor dem Krach, hat bei der Firma Jacob Löhner & Co., sowie nach den bekannten Daten in Oesterreich überhaupt kein Strike im Wagenbau stattgefunden.

Die Arbeitszeit in der hier besprochenen Fabrik ist seit längerer Zeit von 7 Uhr morgens bis 6 Uhr abends mit einer Mittagspause von einer Stunde festgesetzt. Früher dauerte dieselbe von 6 Uhr morgens bis 7 Uhr abends mit einer halben Stunde Frühstücks- und einer Stunde Mittagszeit, dann als Uebergang zu jetzt von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends, somit zuerst 11 r / 2 , dann 10 1 j 2 und jetzt xo Stunden, wobei stets ein benachbarter Wirth berechtigt ist, um z j 2 4 Uhr den Arbeitern eine Jause zu bringen, welche ohne Unterbrechung der Arbeit verzehrt wird.

Der überwiegende Theil der Arbeiter ist auf Accord-, der Rest auf Taglohn angestellt.

Die Krankenversicherung zeigt grosse Zersplitterung, indem die Genossenschafts-Krankencassen der Wagner, Schmiede, Schlosser, Lackirer, Sattler, sowie die Bezirks-Krankencasse und endlich die Allgemeine Arbeiter-Kranken- casse in Betracht kommen und auch thatsächlich benützt werden, was der Freizügigkeit der Arbeiter halber schwer zu ändern ist.

Während sonst im österreichischen Wagenbau überhaupt keine Pensions- und Invalidencassen Vorkommen, so stehen eine Anzahl der bei der hier besprochenen Firma beschäftigt gewesenen Arbeiter, welche infolge Alters arbeitsunfähig wurden, durch regelmässige freiwillige Zuwendungen in voller Pension, und zwar von der gleichen Höhe wie bei den grossen Instituten und Verkehrsunternehmungen.

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