- Definition
Dekoloniale Ökologie bezeichnet einen Ansatz, der ökologische Krisen im Zusammenhang mit kolonialen Machtverhältnissen, kapitalistischer Ausbeutung und sozialen Ungleichheiten analysiert. Der von Malcolm Ferdinand geprägte Begriff kritisiert die historisch gewachsene Trennung von Umwelt- und Kolonialgeschichte ebenso wie die Dominanz eurozentrischer Wissenssysteme in ökologischen Debatten. Diese haben dazu geführt, dass rassifizierte und marginalisierte Gruppen systematisch aus Umwelt- und Klimadiskursen ausgeschlossen wurden. Umwelt- und Klimafragen werden überwiegend aus einer weißen, männlich dominierten Perspektive verhandelt, wodurch alternative Wissensformen und Erfahrungshorizonte an den Rand gedrängt bleiben. Angesichts der Zuspitzung globaler Krisen wie Klimawandel und sozialer Ungleichheit fordert der Ansatz analytische Perspektiven, die koloniale Kontinuitäten sowie intersektionale Dimensionen von „race“ und „gender“ berücksichtigen. Durch reparative Praktiken, eine Erweiterung des Wissenskanons und die konsequente Einbeziehung marginalisierter Stimmen soll so eine klimagerechte, nachhaltige und postkoloniale Zukunft ermöglicht werden.
- QuellenMalcom Ferdinand, Decolonial Ecology. Thinking from the Caribbean World, Cambridge 2022.
Anna Saave/Birgit Hoinle, Feministische und dekoloniale Perspektiven in der und für die Umweltsoziologie, in: Marco Sonnberger/Alena Bleicher/Matthias Groß (Hg.), Handbuch Umweltsoziologie, Wiesbaden 2024, 591-610, 598.
Tobias Schmitt/Franziska Müller, Post- und Dekoloniale Politische Ökologie, in: Daniela Gottschlich et al. (Hg.), Handbuch Politische Ökologie. Theorien, Konflikte, Begriffe, Methoden, Bielefeld 2022, 79-106, 86-87.