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ständige Besoldung auch gründlich gebildete Lehrer höherer Schulen wol zu jeder Zeit in hinreichender Zahl zu erlangen sein würden. Das ganze Project sei also den praktischen Be­dürfnissen wenig zusagend. Die Stadt Wien habe Dringenderes zu thun: neue Schulhäuser zu bauen, die Classenüberfüllung zu beseitigen, die Lehrerbesoldungen zu erhöhen u. s. w. Das Pädagogium aber sei entwederauf die den gegenwärtigen Be­dürfnissen entsprechende Fortbildung der Wiener Lehrer zu be­schränken", oder, was besser sei, statt desselben möge man lieber auf Gemeindekosten eine Lehrerbildungsanstalt errichten, welche den Wiener Verhältnissen entspreche; statt eines zweijährigen könne es einen dreijährigen Cursus haben und nebenbei auch noch einen Fortbildungscursus halten natürlich alles nach denunver­rückbaren Principien" der hohen Staatsregierung.

Dieses ministerielle Actenstück ist ohne Zweifel einer der merkwürdigsten Belege zur Geschichte der menschlichen Thorheit und des bureaukratischen Uebermnthes. Dieselbe Partei, welche durch ihr heilloses Treiben das Reich schon wiederholt an den Abgrund des Verderbens gebracht und erst wenige Wochen vorher eine so blutige Lection über Oesterreich heraufbeschworen hatte, hielt auch jetzt noch ihre Vorurtheile fiirunverrückbare Prin­cipien", mit denen sie dem Gemeinderath der Reichshauptstadt in der schnödesten Weise, ja mit offenbarem Höhne entgegentrat, der Reichshauptstadt, welche schon so oft das Opfer einer ver­blendeten Staatskunst geworden war und eben so oft das von dieser Staatskunst angerichtete Unheil wieder gut gemacht hatte! - Mit Vernunftgründen ist gegen die Hartnäckigkeit solcher Staatsmänner" schlechthin nichts auszurichten, nicht einmal durch Thatsachen: sie sind incurabel; ihr Fall ist das einzige Mittel, um ihre Gemeinschüdlichkeit zu beschränken. Und sie sind ge­fallen wenigstens zum Theil.

So lange sie am Ruder blieben, konnte natürlich der Ge­meinderath voil Wien sein Vorhaben nicht ausführen. Mit wel­cher Stimmung er das ministerielle Schriftstück aufnahm, läßt