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selben nicht verscherzen, und so opfert man die weibliche Arbeit den Standesinteressen. Der geringe Lohn für die geringe Arbeit thut freilich noch das Seine. ^

Man rührt jetzt an der Frage der Volksschulen, und sie werden sich heben, die Mittelschulen werden von den Knaben der kleinsten Handwerker besucht, überall zeigt es sich, daß die Erkenntniß von der hohen Wichtig­keit des Unterrichtes an Boden gewinnt, nur für unsere Mädchen wird nicht gesorgt, an sie wird nicht gedacht. Man begnügt sich, sie von Gou- ^

vernanten unterrichten zu lassen, oder wenn man sehr viel für sie thun will, sie zwei oder drei Jahre in ein Pensionat zu schicken, wo sie in der kurzen Zeit mehrere Sprachen, das Zeichnen, Musik, das Tanzen, alle weiblichen Handarbeiten und etwas aus allen Geistesgebieten lernen sollen.

So kommt es denn auch, daß sie gewöhnlich von der Mathematik, der Physik und anderen Naturwissenschaften nur so viel wissen, daß diese Wissen­schaften überhaupt existiren, von Geschichte und Geograsie so viel erlernt haben, daß sie in Gesellschaft mitreden können. Darauf kommt es aber ja vielen Eltern auch bei der Erziehung ihrer Töchter allein an. Die Mehrzahl unserer Mädchen wird erzogen, damit sie in Gesellschaft gefallen und einmal einen Mann bekommen. Dabei braucht man nun freilich nicht viel in die Tiefe zu gehen, etwas von Allem zu wissen genügt, nur in den Sprachen und jenen Talenten, die Gelegenheit geben, in Gesellschaft zu glänzen, müssen sie besser ausgebildet sein. Wundern wir uns daher nicht, da wir wissen, daß die Eltern an Mädchenschulen solche Anforderungen stellen, daß ihnen auch von den meisten solches geboten wird. Auch Insti­tute brauchen des Marktes, und kein Jnstitutsvorsteher konnte das Wage­stück unternehmen, eine Schule zu gründen, wo die geselligen Künste und Talente Nebensache gewesen, und nur reales Wissen gepflegt worden wäre.

Ich wünsche aber unseren Mädchen eine ernste Schule, eine Schule, in der sie hauptsächlich denken lernen, wie unsere Knaben es lernen müssen.

Ich habe schon früher erwähnt, daß der Unterricht in Oesterreich jetzt einen großen Aufschwung zu nehmen beginnt, die segenbringende Folge davon wird sein, daß selbst die Kleinbürger und der bessere Ar- beiterstand unterrichtete Leute sein werden. Wie groß wird aber bei der ^

Verallgemeinerung der männlichen Bildung die Kluft zwischen Mann und Weib, zwischen männlichem und weiblichem Erwerb noch werden, wenn wir nicht suchen auch unsere Mädchen besser zu erziehen.

Daß Stehenbleiben Rückschritt ist, erfahren wir Frauen leider an -H-

uns, denn im Lause der Zeiten haben wir nicht nur keinen Fortschritt gemacht, sondern der Kreis unseres Wirkens hat sich nur noch verengert.

Ich verweise darauf daß Griechenland seine Priesterinnen, Deutschland