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seine mächtigen Alraunen hatte, daß die Heilkunst in ihrer Kindheit häufig von Frauen geübt wurde, daß die Spindel, das Weberschifflein, die Braupfanne u. s. w. ihre Anfänge in Frauenhänden nahmen. Frauen- namen stehen in der Geschichte des Alterthums neben den hervorragendsten ihrer Nationen, während wir in der Neuzeit vergebens nach Frauen suchen, welche in tausendjähriger Geschichte neben unseren männlichen Größen auch nur den bescheidensten Platz einnehmen könnten.

Wenn nun in einer Zeit, wo die Frau mehr als jetzt in die engen Grenzen der Häuslichkeit gebannt war, in einer Zeit, wo Christenthum und Humanität noch keinen Einfluß übten, wenn in einer solchen Zeit doch verhältnißmäßig mehr Frauen rühmlich wirkten als jetzt, so kann ich für meinen Theil den Grund nur darin finden, daß der Culturunterschied der Geschlechter damals kein so großer war als jetzt. Weder Mann noch Frau fußten aus geschultem Wissen, wie es die Neuzeit kennt, und es gab daher die natürliche Anlage mehr den Ausschlag. Wir Frauen nun sind stehen geblieben; während die Männer die Erfahrungen ihrer Vorgänger benützten und benutzen, stehen wir, was Wissen und geistige Ausbildung betrifft, noch immer auf dem Standpunkt der Inspiration. Und dabei nehmen wir Frauen heute noch eine Stellung in der Gesellschaft ein, welche ich die traurige Folge der Minne nennen möchte. Der Minne, welche den Stand­punkt der Geschlechter vollends verrückte, der Minne, welche der Frau statt dem Brote der Achtung die Süßigkeit der Bewunderung und Verehrung gab und sie damit zu einem Wesen machte, das nicht Gott und nicht Mensch war. Aus diesem Zwittergeschöpf nun machte aber die Neuzeit das Schlimmste: ein Spielzeug, das keinen Selbstzweck hat.

Wollen wir uns die Lehre der Geschichte zu Nutze machen, wollen wir unsere Mädchen zu Wesen bilden, die für sich selbst einen Zweck haben, so müssen wir sie zwei Dinge lehren: 1. daß sie weniger Gefallen als Achtung erringen wollen, und 2. daß sie Praktisches, Tüchtiges lernen müssen, damit sie ihr Brot nicht von der Laune des Glückes erwarten dürfen, sondern es sich selbst schaffen können. Dann werden Schopen­hauers Worte:daß die Natur die Mädchen auf Kosten ihrer gan­zen übrigen Lebenszeit mit einer Fülle von Reiz und Schönheit ausstattet, damit sie in den wenigen Jahren sich der Phantasie eines Mannes in dem Maße bemächtigen, daß er hingerissen wird, die Sorge für ihr ganzes Leben zu übernehmen," dann, sage ich, werden die Worte des Philosophen ihre Schärfe verlieren.

Ja, geehrte Frauen, jede Mutter würde es als eine Sünde an ihrem Knaben ansehen, ließe sie ihn nicht Praktisches lernen, unbemittelte Leute geben den letzten Pfennig, um den Sohn erwerbsfähig zu machen,