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einen Mann wünschen, der sie ernähren, der ihnen eine Stellung bieten kann, sondern einen Mann heiraten wollen, den sie lieben, dem sie ver­trauen können, so ist es ein besonderer Zufall, wenn sie früh heiraten, in der Regel heiraten aber diese Mädchen lange nicht und oft auch dann nur, weil der Zustand ihrer Unthätigkeit und gänzlichen Zwecklosigkeit ihnen noch unerträglicher ist, als die Ehe mit einem gleichgiltigen Manne. Viele von ihnen bleiben aber doch unverheiratet und vergrämeu ihr nutz­los dahinfließendes Leben, wenn sie Vermögen haben, allein, noch Unglück­lichere aber, welche kein Vermögen besitzen, werden die Geißel der Familie.

Das, geehrte Anwesende, ist die prosaische Version der höchst poeti­schen Erzählungen vom bescheiden um seiner selbst willen duftenden Veil­chen, das bescheiden und unberührt am Büchlein verblüht.

Folgen wir aber nun den Mädchen, welche sich verheiraten, so sehen wir, daß ihre Ehen gewöhnlich auf Anrathen der Eltern geschlossen werden, entweder weil der Mann angesehen, reich oder erwerbfähig ist. Die Existenz­verhältnisse sind in der That schwierig, und die Eltern haben gewöhnlich nur die Wahl das nur für die Ehe bestimmte Mädchen zu Hause unglücklich zu sehen oder es an den ersten Mann zu verheiraten, der die gewünschte Stellung oder eine anständige Existenz bietet. Kurz, die Liebe flicht selten den Brautkranz, und daß unsere Bräute weniger traurig aus­sehen oder es auch sind, als sich bei diesem Umstände erwarten ließe, findet wohl darin seinen Grund, daß das Schicklichkeitsgefühl oftmals ihre Traurigkeit zurückdrängt, daß der Zug der Geschlechter sich iu dem ersten näheren Verkehre mit einem Manne geltend macht, oder daß die Aussicht auf das vergnügte Frauenleiden bei ihnen keine Traurigkeit aufkommen läßt.

Solchen Brautschaften folgt dann die Ehe und das vielgepriesene Familienleben, das man mit der freien Arbeit der Frauen zu stören fürchtet. Wie traurig sieht es aber oft mit dem Familienglücke, und gerade in den Familien aus, wo die Gedankeuarmuth der Frau sie zu dem strebensarmen, um Leben und Menschheit ganz unbekümmerten Wesen macht, das man so oft echte Weiblichkeit nennen hört. Dem Hause vor­zustehen in allem, was des Hauses ist, dem Manne Freundin und den Kindern Erzieherin zu sein, diese wichtigen Pflichten werden von den so­genannten geselligen Pflichten nur zu oft verdrängt.

Theils ist es Unvermögen, theils Bequemlichkeit, daß die Kinder Fremden überlassen werden, und während jede Mutter eifersüchtig über dem Erziehungsrechte wachen sollte, empfangen die Kinder ihr eigentlich menschliches, ihr geistiges Sein von dem guten Glück fähiger und gewissen­hafter oder untauglicher Erzieher. Zu diesen Unterlassungssünden tritt aber noch eine active. In der ausschließlichen Hingabe an das Treiben der