Exotisierung
- Definition
Exotisierung bezeichnet einen Prozess, durch den nicht-westliche Kulturen sowie Menschen, Tiere, geographische Räume und Pflanzen aus einer weißen und westlichen Perspektive als ungewöhnlich, geheimnisvoll oder „anders“ konstruiert werden – häufig in stark vereinfachender oder stereotypisierender Weise. Das aus dieser Perspektive dargestellte „Fremde“ wird dabei als mit dem eigenen unvereinbar verhandelt. Exotisierung ist damit eine spezifische Form des Othering.
Eine solche Zuschreibung als „exotisch“ wird häufig nicht-westlichen Frauen zuteil. Hierbei werden männliche und heteronormative Sehnsüchte auf Frauen übertragen, wodurch diese als begehrenswerte „Andere“ objektifiziert und sexualisiert werden.
Frühe Ethnologie und Anthropologie haben stark zur Etablierung exotisierender Vorstellungen beigetragen. Besonders im 19. und frühen 20. Jahrhundert beschrieben viele Forschende nicht-westliche Gesellschaften aus einer kolonialen, eurozentrischen Perspektive: „primitive“, „fremde“, „mystische“ Kulturen wurden dem „entwickelten Westen“ gegenübergestellt und als vermeintlich positiv dargestellt – etwa im Stereotyp des „edlen Wilden“. Dadurch wurden Klischees wissenschaftlich legitimiert und verbreitet. Viele dieser Stereotype halten sich bis heute. - QuellenHomi K. Bhabha, The Location of Culture, London 2004 [1994], Neuauflage mit neuem Vorwort des Autors, 60 ff., 76, 96, 106 f.
Stuart Hall, The West and the Rest. Discourse and Power, in: David Morley (Hg.), Stuart Hall. Essential Essays, Volume 2: Identity and Diaspora, Durham 2018 [1992], 141–184, 142, 145, 160, 171.
Evelyn Hayn/Antje Lann Hornscheidt, „Exotisch“, in: Adibeli Nduka-Agwu/Antje Lann Hornscheidt (Hg.), Rassismus auf gut Deutsch. Ein kritisches Nachschlagewerk zu rassistischen Sprachhandlungen, Frankfurt a. M. 2013 [2010], 2. Auflage, 122–126, 123, 126.
Boris Nieswand, Zwischen Annäherung und Exotisierung. Die Ethnologie und ihre Herausforderung durch das Fremde, Halle Saale 2004, 8 ff.