Der Pavillon des kleinen Kindes.

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wiederholenden Betäubung eine Gefahr für die gefunde Ausbildung des Gehirnes abzuleiten und die fchaukelnde Wiege die Wiege des Blödfinnes zu nennen.

Diefe ftrengen Tadler haben dabei fehlerhaft gebaute und übel behandelte Wiegen im Auge, die auf zwei ungleichen Bogen von kurzem Radius geftellten kleinen Wiegenkäflen, welche bei der flarken holpernden Bewegung das ein­gewickelte Kind fo heftig hin und her werfen, dafs man es wie den Odyffeus bei der Fahrt zwifehen der Scylla und Charybdis anbinden mufs, und die auf einen Erwachfenen, wenn er diefer Folter ausgefetzt würde, die Wirkung einer Seereife im Sturm haben würden. In solchen Wiegen wird das Kind erfl ermüdet und betäubt, ehe es einfchläft, was gewifs nicht ohne Nachtheil ift. Allein eine gut gebaute Wiege mit sanfter Schwingung ahmt die Bewegung des Mutterarmes nach und ift für das Kind ebenfo wenig fchädlich wie diefer.

Eine gegründete Einwendung gegen den Gebrauch fchaukelnder Wiegen kann man daraus nehmen, dafs bei ihrem Gebrauch unnützer Weise Mühe und Zeit verfchwendet wird, indem die Kinder verwohnt werden. Viele fchlafen erst ein, nachdem man fie längere Zeit fchaukelte und manche fchlafen nur so lange, als fie gefchaukelt werden.

In dem Pavillon des kleinen Kindes und in den anderen Abtheilungen der verfchiedenen Länder waren viele Wiegen ausgeftellt, auch waren in Zeichnungen und Photographien Wiegen bildlich dargeftellt und man hatte die Ueberficht einer vollständigen Reihe, die man in zwei IIauptgattungen eintheiien kann: in hän­gende und flehende Wiegen.

Zu den hängenden zählen wir alle jene, an welchen der Korb oder das Kinderbett aufgehängt ift, und fich alfo um eine fefte Achfe bewegt. Es find das die Hängematte und das aufgehängte Netz, dann die mit Zapfen in den Zapfen­lagern des feilen Geflelles oder fonft aufgehängten Wiegenkorbe oder Wiegen- käften.

Zu diefer Gattung gehört die fchöne Wiege, welche in den fürftlichen Kin­derzimmern des Pavillons ausgeftellt war.

Dann die mit Gold- und Silberbronce überzogenen eifernen Wiegen in der englifchen, franzöfifchen, öfterreichifchen und fpanifchen Abtheilung.

In der Abtheilung von der Türkei war eine Bettftätte ausgeftellt, welche aus einem Rahmen beiland, der ftatt der Gurten mit einem Netze feftgespannter Leder­riemen überzogen war. An der Seite diefer Bettftätte an dem Rahmen war der Wiegenkorb für das Kind aufgehängt.

"e aus Siebenbürgen hebt man den Wiegenkorb an langen wn uci nuucmen Stubendecke herabhängen.

Bei der anderen Art der Wiegen ruht der Korb oder der Wiegenkäflen auf zwei Kreisbögen und fchaukelt pendelartig wie der Kahn auf dem Waffer. Die Bewegung fchaukelt das Kind abwechfelnd auf die linke und rechte Seite.

Davon abweichend ift die fchwedifche Wiege aus dem Gebiete von Darle- karlien eingerichtet. Hier find die Bögen, worauf die Wiege fleht, gleichlaufend mit der Lage des Kindes und beim Schaukeln heben fich abwechfelnd der Kopf und die P'iifse des Kindes.

Die Wiegen der zweiten Art waren unter den deutfchen Ivinder-Spielwaaren in vielen kleinen Modellen im Pavillon ausgeftellt und fie find wohl am meiften in Deutfchland verbreitet.

Sie fchaukeln nur dann fanft und geräufchlos, wenn der Wiegenfufs genau einen Kreisbogen bildet und die Wiege auf ebenem Fufsboden fleht. Wie fich beim Gebrauch die Wiegenbögen ungleichförmig abnützen, oder der Boden uneben ift, fo holpern und poltern fie und ftofsen das Kind.

Die Hängewiegen verdienen daher den Vorzug. In der neueren Zeit macht man die Wiegengeftelle aus runden Eifenftäben und hängt einen Wiegenkorb, der gut ausgepolstert ift, an die Tragftangen, welcher das Rohrgeflecht nach­ahmt. Man fetzt die Tragftangen in einem Bogen über den Tragkorb fort