Der Pavillon des kleinen Kindes.

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Zur Uebung des Augenmafses und in der lleurtheilung der Geflalten dien­ten Täfelchen in geometrischen Formen und Stäbchen, einen Centimeter breit und von einem bis vierzig Centimeter lang.

Um das Ohr am Klange tan der Klangfarbe) und an der Tonhöhe zu üben, dienen dünne kreisrunde Scheiben aus verfchiedenen Metallen und verfchiedener Gröfse, etwa von zwei bis fünf Centimeter Durchmeffer. Das Kind fchliefse die Augen, man wirft mehrere folche Scheiben auf den Tifch und läfst das Kind errathen, von welchem Metalle die Scheibe und welche von zwei Scheiben gröfser, welche kleiner ift.

Es ift eine Vorübung der Mufik, deren Inftrumente wohl noch weit geeig­neter find, Klangfarbe und Tonhöhe zu üben.

In ähnlicher Weife lind in einer Reihe Fläfchchen verfchiedene riechende und fchmeckende Fliiffigkeilen und andere unfchädliche Stoffe zufammengeftellt und das Kind wird zur Uebung angehalten, an den Stoffen zu riechen oder einen an der eingetauchten Glasftange hängenden Tropfen zu koften und daraus den Stoff zu erkennen.

Für die Uebung des Gefühles hat Herr Delhez eine Reihe handlicher IIolz- klötzchen von ungefähr fünfzehn Centimeter Länge und fünf Centimeter Dicke ausgeftellt, welche äufserlich ganz gleich find aber durch die im Inneren enthalte­nen vcrfchieden grofsen lfleiftangen ungleiches Gewicht haben. Die Gewichts­zunahme wäclift nach einer beftimmten Stufenleiter. Man gibt nun dem Kinde in jede Hand ein folches Klötzchen und läfst das Kind prüfen, welches von beiden fchwerer ift, und gewöhnt das Kind daran, Gewichte zu fchätzen.

Diefe hier ausgeftellte Art fyftematifcher Sinnenübungen der Kinder ift einer grofsen Vervollkommnung fähig und verdient die Beachtung aller Kinder­freunde.

Für die Ausbildung des Farbenfinnes insbefondere hatte die k. k. Hof- Chromolithographie des Herrn Anton Ilartinger & Sohn in Wien einen Farbenkreis und eine Reihe Farbentafeln nach der Angabe des Herrn Ilofrathes Profeffor II r ü c k e ausgeftellt.

Der Farbenkreis ift in zwölf Theile gefondert, welche in der Reihe des Spectrums die drei Ilauptfarben Roth, Gelb und Blau und noch neun Zwifchen- farben enthalten. Jeder diefer zwölf Farbenftrahlen ift wieder in zwölf Farben- ftufengetheilt; gegen den Mittelpunkt der Scheibe verdunkelt fich die Grundfarbe bis zum Schwarz und gegen den Rand der Scheibe hellt fich die Grundfarbe bis zum Weifs auf, fo dafs die Farbentafel die meiften der in der Kunft und Induftrie verwendeten Farben enthält.

Die Anordnung der Farbenftrahlen ift fo getroffen, dafs die fich gegenüber- ftehenden Strahlen immer die complcmentären Farben, das heifst diejenigen find, welche nebeneinander geftellt fich gegenfeitig heben und verftärken.

Um diefe Wirkung der harmonifchen Farben noch deutlicher darzuftellen, dient eine Reihe von Farbentafeln, welche je zwei complementäre Farben, und andere, welche drei harmonifirende Farben oder Farbentriaden auf fchwarzem Grunde enthalten. Diefe Tafeln bilden die Grundlage der Farbenlehre, nach welcher die Kinder die Farben nennen, vergleichen und nach den Gefetzen der Farbenharmonie zufammenfetzen lernen.

Auch die Anwendung diefer Farbenlehre war in dem Pavillon ausgeftellt.

Dahin gehören die von der Gummiwaaren-Fabrik der Herren Reithofer ausgeftellten Spielbälle mit zwei complementären oder drei harmonifirenden Farben. Das kleine Kind übt fpielend das Auge an richtig zufammengeftellten Farben, und die Luft an fchönen Farben wird geweckt.

Die Spielwaaren - Handlung der Herren Müller «S: Comp, in Wien hatte Kreifel mit complementären Farben ausgeftellt, welche im Drehen die Mifchfarben zeigen und das Kind auf neue Farbengefetze aufmerksam machen.