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F. Salvisberg in Bern.

legt, da bleiben dieselben gröstentheils hinter dem Gewöhnlichen zurück. Für eine bessere Arbeit fehlt die strenge Schule.

Im Ornamente copirt der Schnitzler immer noch in möglichst na­turalistischer Weise die Natur. Das stylisirte Ornament ist ihm noch fremd; es wird auch nur dann aufleben, wenn die Hand das Stift nach geschichtlichen Motiven zu führen versteht. Man darf es aber hervorhe­ben, dass in der blos naturalistischen Wiedergabe alle die Blumen und Früchte, wie die Natur des Oberlandes sie bietet mit Treue und Zartheit, in ausgezeichneter Technik vor unser Auge treten. Diese Blätter und Blumen mit ihren Blüthen und Zweigen, umranken, belegen und bele­ben die Flächen, die Rahmen, die Füllungen, die Seiten und Fronten der verschiedenen Gegenstände. Nur ist es das richtige Mass, das in diesen Zusammenstellungen nicht immer eingehalten wird; entweder ge­schieht der Auftrag in zu schwülstiger Weise, oder es lässt sich über­haupt keine Gomposition in denselben erkennen.

Es gereicht der Schnitzlerei zur besondern Charakteristik, dass sie neben dem Bestreben einer ideealen Richtung zuzusteuern, auf die Verfertigung von Gegenständen ausgeht, die der Nützlichkeit angehören. Die vielen Sorten von Casetten, Gehäusen, Kästchen, Etuis, Rahmen, Ge­schirre aller Art etc. gereichen je nach ihrer geringem oder grossem Einfachheit dem Wohnhause nicht blos zur freundlichen Zierde, sondern auch zum nützlichen Gebrauche an. Diess ist die Ursache, warum fast über die ganze Welt diese Gegenstände sich in allen möglichen Formen und Grössen, so zu sagen, ergiessen. Ein weiterer Grund der Verbrei­tung liegt in der Wohlfeilheit der Preise. Für jedes Geld ist etwas Ordentliches zu haben. In den bedeutendem Artikeln, wie in den Tau­senden von Zier- oder Spielzeugartikeln begegnen wir Preisen bis auf eine Tiefe, die beinahe unerreichbar erscheint.

Die letztere Gattung von Arbeiten giebt der Schnitzlerei eine aus­serordentliche Popularität. Die Fertigung derselben zieht sich vom Al­ter des sechsjährigen Kindes an bis zu demjenigen des hoch betagten Mannes. Dem Lande gereicht dies zum grossen Vortheil und wird der­selbe in dem Maase sich erweitern, als die Vervollkommnung die Aus­wahl, die Mannigfaltigkeit dieser Artikel in der Fabrikation zunehmen. Das Oberland darf für das Gedeihen der ganzen Industrie nicht ausser Augen lassen, dass Alles seine Zeit hat. Mit der angedeuteten Ueber- fluthung, die aus der gegenwärtigen Behandlungsart hervorgeht, wird ohne Zweifel eine Abspannung oder Uebersättigung eintreten, die dem Lande verderblich werden müsste, wenn es nicht bei Zeiten einem ganz angemessenen Fortschritte huldigt und auf veränderten, oder neuen Feldern die Arbeit entwickelt. Dies betrifft weniger den geringem, blos industriellen, als mehr den kunstindustriellen Theil. Indem der letztere das Praktische beibehält, wird er zugleich nach bedeutender Erweiterung trachten. Die Anfänge dazu sind gemacht. Es ist zunächst die Ausbil-