beiwohnen zu können. Sie machten im Sommer Aus­flüge und gingen stundenlang zu Fuß, um die paar Kreuzer Fahrgeld zu ersparen. Das bißchen Grüne mußten sie dann tagelang mit müden Füßen bezahlen. Das alles kann man Leichtsinn nennen, wenn man will, auch Vergnügungssucht, Liederlichkeit, wer aber hat den Mut dazu?

Ich sah bei meinen Kolleginnen, den verachteten Fabrikarbeiterinnen, Beispiele von außerordentlichem Opfermut für andere. Wenn in einer Familie be­sondere Not ausgebrochen war, dann steuerten sie die Kreuzer zusammen um zu helfen, wenn sie zwölf Stunden in der Fabrik gearbeitet hatten und viele noch eine Stunde Weges nach Hause gegangen waren, nähten sie noch ihre Wäsche, ohne daß sie es gelernt hatten. Sie zertrennten ihre Kleider, um sich nach den einzelnen Teilen ein neues zuzuschneiden, das sie in der Nacht und am Sonntag nähten.

Die Mittags- und die Iausenpause wurde nicht der Ruhe gewidmet. Das Einnehmen der kargen Mahlzeit war rasch besorgt, dann wurden Strümpfe gestrickt, es wurde gehäkelt oder gestickt. Und trotz allen Fleißes und aller Sparsamkeit, war jede arm und zitterte bei dem Gedanken, die Arbeit zu verlieren. Alle demütigten sich und ließen sich auch das schlimmste Unrecht von den vorgesetzten zufügen, um ja nicht diesen guten Posten zu verlieren, um nicht brotlos zu werden.

Manchem Mädchen geschah das Unglück, daß einer der vorgesetzten ihr seine besondere Gunst schenkte.