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Die Arbeits- und Lebensverhältnisse der Wiener Lohnarbeiterinnen : Ergebnisse und stenographisches Protokoll der Enquete über Frauenarbeit, abgehalten in Wien vom 1. März bis 21. April 1896
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sind sie gesund? Exp. Knoll: Es kommen oft todte Kinder zur Welt, oder die Frau bringt die Kinder nicht zur Zeit zur Welt.

Vorsitzender: Wie sind die Arbeitslocalitäten? Exp. Knoll: Die Werkstätten sind meistens in Kellern, weil man wo anders ein Local nicht bekommt.

Dr. Frey: Ist es dort feucht? Exp. Knoll: Das nicht, aber die Ventilation ist eine ungenügende, und es wird viel Staub erzeugt. Meistens sind die Werkstätten im Hofe.

Vorsitzender: Essen Sie in der Werkstätte? Exp. Knoll: Nein; aber die Mädchen essen oft dort.

Vorsitzender: Haben Sie Gelegenheit, sich von: Metallstaube zu reinigen? Exp. Nr. 17: Ja.

Herrdegen: Wann war der Strike? Exp. Knoll: Im Juni 1895.

Vorsitzender: Wie ist das Verhältniß zwischen Männern und Frauen in den Werkstätten?Exp. Knoll: Wir arbeiten gesondert, und die Frauen stehen in keiner Abhängigkeit von den Gehilfen.

Vorsitzender: Wie geht der Principal mit den Arbeitern um?

Exp. Nr. 17: Es geht an.

Herrdegen: An wen verkauft der Unternehmer die Produkte, welche Sie erzeugen? Exp. Knoll: Direct an den Vergolder oder Steindrucker.

Herrdegen: Also nicht an Zwischenhändler?' Exp. Knoll: Es gibt auch solche.

Pernerstorfer: Braucht der Steindrucker diese Prodncte zum sogenannten Bronziren? Exp. Knoll: Nein; er legt das Blattgold auf die Platten; das ist für den Golddruck.

Dr. Biezina: Braucht auch der Buchbinder solche Prodncte? Exp. Knoll: Der verwendet meist echtes Gold. Exp. Nr. 18: Ich bin Goldbeschneiderin. -Wir arbeiten nur mit echtem Golde. Der Arbeitsproceß ist im Wesentlichen derselbe wie bei der Metallschlägerei, auch bei den Mädchen. Wir heben die Blätter aus den Formen heraus und beschneiden sie.

Dr. Biezina: Werden die Blätter nicht auch dünn gemacht? Exp. Nr. 18: Das machen die Männer.

Dr. Biezina: Welcher Unterschied besteht also zwischen den beiden Betrieben? Exp. Knoll: Wir beziehen die Formen von den Gold­schlägern. Die frische Form ist nämlich seit, und das Gold nimmt das Fett weg. Wir können aber fette Formen nicht brauchen.

Dr. Biezina: In welcher Form kommt das echte Gold? Experte Knoll: Das wird hier erzeugt. Es wird hier geschmolzen, gewalzt und gestreckt, während wir unsere Producte von draußen beziehen.

Herrdegen: Wie wird es weiter verarbeitet? Exp. Nr. 18: Es wird in Vierecke geschnitten, in Pergament gelegt und gequetscht. Das Verfahren ist dasselbe.

H errdeg en: Warum nennt man dasquetschen" ? Exp. Knoll: Das ist nur ein anderer Ausdruck. Es wird aber so behandelt wie bei uns.

Exp. Nr. 18: Ich bin seit 20 Jahren bei einer Firma, wohin ich mit 14 Jahren gekommen bin. Es sind dort vier Mädchen und sechs Arbeiter. Wir Haber: keine Lehrjungen. Die Arbeit ist einmal im Sommer stark, ein anderes Mal im Winter. Das ist nicht gleich. Wir haben nur Handbetrieb. Arbeit wird nicht nach Hause genommen. Auch bei uns muß ein Jahr gelernt werden. Jetzt gibt es bei uns keine Lehrmädchen.

Exp. Knoll: Es sind in diesen Betrieben in Wien nur sieben Frauen heschäftigt.

Exp. Nr. 18: Wir verdienen st. 4 bis 5 wöchentlich. Der niederste Lohn ist fl. 4, über st. 6 bekommt Keine. Ueberstunden gibt es nicht. Die Arbeitszeit ist von 7 bis 7 Uhr. Den Lohn der Männer kenne ich nicht