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— Exp. Heim: Ja. Jeden, der kommt, nimmt er aus. Es verdient sich aber Keiner etwas, und er hat das Renommee, daß er viele Arbeiter beschäftigt.
Vorsitzender: Da werden wohl mindere Fabrikate erzeugt? — Exp. Heim: Ja.
Expertin Nr. 58: Ich arbeite bei einer Firma schon im siebenten Jahre. Es ist ein ziemlich großer Betrieb, der im Herbst wieder vergrößert wurde. Dies ist mein vierter Platz. Ich bin Tischarbeiterin. Im Betriebe sind gewöhnlich ungefähr 20 Arbeiterinnen, acht bis neun Lehrmädchen und neun bis zehn Männer. Es wird dort Möbelposamenterie erzeugt, Quasten, Fransen n. dergl. Die Lehrmädchen kommen meist aus Arbeiterkreisen. Sie fragen sich an, werden vorgemerkt, bis eine Stelle frei ist. Auch die aus- gelernten Arbeiterinnen verschaffen sich Arbeit durch directe Anfrage. Die Arbeitsvermittlung wird wenig benützt. Es findet auch nur ein geringer Wechsel der Arbeiterinnen statt. Nach der Saison werden nur einige entlassen. Die Arbeiterinnen verdienen fl. 4-50 bis 6 wöchentlich, die besseren fl. 6-50. Das ist Wochenlohn. Die Spulerinnen bekommen fl. 4. Das sind meist ältere Frauen. Mindere Arbeiterinnen, die nicht viel können, verdienen fl. 5 bis 5'50, die besseren fl. 6 bis 0'50. Ich habe fl. 7'50. Ich bin am Tisch die Erste, und meine Verantwortlichkeit ist auch größer als die der Anderen. Ich habe nur jene Lehrmädchen abzurichten, die an meinem Tische sitzen. Die Lehrmädchen haben, besonders in der ersten Zeit, häufig Gänge zu machen. Seit Kurzem haben wir eine Ausläufern:; es werden aber auch noch Mädchen fortgeschickt. Theilweise werden die Lehrmädchen auch zum Andrehen verwendet. Es sind auch ein Hausdiener und ein paar Lehrjungen im Geschäft. Auch die Spulerinnen werden dazu verwendet. Wer eben da ist, muß drehen. Manchmal dauert das länger, manchmal kürzer; oft nur eine halbe Stunde, hie und da auch einen ganzen Tag. Manche haben sich über Seitenstechen beklagt. Es sind dann Stärkere dazu genommen worden. Für Zuspätkommen werden Abzüge gemacht. Für fünf Minuten wird noch nichts abgezogen, da werden die Mädchen nur ausgemacht. Was mit dem Gelde geschieht, weiß ich nicht. Das gehört dem Herrn. Sonst gibt es keine Strafen. Ueberstunden haben wir in der Saison hie und da eine oder zwei. Die werden um 25 Percent besser bezahlt. Früher wurde auch Arbeit mit nach Hause gegeben. Seit wir aber sehr viele Hausarbeiterinnen bekommen haben, hat die Hausarbeit für die dort Beschäftigten aufgehört. Es wird sehr viel außer Hans gegeben. Diese Arbeiterinnen sind meist Arbeiterfrauen, die mehrere Kinder haben. Wie lange sie zu Hause arbeiten, weiß ich nicht. Sie müssen aber meistens die Nacht zu Hilfe nehmen, weil sie bei Tag mit den Kindern beschäftigt find. Sie müssen die Arbeit zur bestimmten Zeit abliefern. Diese Arbeiterinnen arbeiten viel billiger. Ob sie selbst daran schuld sind oder der Herr sie drückt, weiß ich nicht. Ich glaube aber, es wird die Schuld auf beiden Seiten liegen. So sind für einen Artikel anfangs 22 kr., dann 15 kr. gezahlt worden. Die Arbeiterinnen haben erzählt, daß andere Fabrikanten nur 12 kr. zahlen.
Vorsitzender: Wann hat das aufgehört, daß Arbeiten mit nach Hause gegeben wurden? — Exp. Nr. 58: Seit zwei, drei Jahren.
Vorsitzender: Geschah das früher häufig? — Exp. Nr. 58: In der Saison sehr oft.
Vorsitzender: Wie lange haben Sie da gearbeitet? — Expertin Nr. 58: Bis 12, 1 Uhr.
Vorsitzender: Wie ist das entlohnt worden? — Exp. Nr. 58: Besser. Wenn Eine pro Stunde 10 kr. gehabt hat, so ist sie bei der Nachtarbeit auf 14 bis 15 kr. gekommen.
Vorsitzender: Haben Sie selbst auch so gearbeitet? — Expertin Nr. 58: Ja.