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bin, habe ich anch fl. 6 gehabt, und ich kann es nicht weiter bringen, trotzdem Alles theuerer wird.
Vorsitzender: Gibt es Arbeiterinnen, die mehr verdienen bei derselben Arbeit? — Exp. Nr. 59: Die meisten haben nur fl. 5'50. Mit fl. 6 sind sehr wenige. Es sind auch Einige, die fl. 6-50 haben, zwei oder vier haben fl. 7, und eine Einzige hat fl. 8. Die ist schon 40 Jahre bei dieser Arbeit.
Vorsitzender: Sind mehrere Schweiferinnen da? — Exp. Nr. 59: Ich bin die Einzige. Die Anderen sind Tischarbeiterinnen. Die Spulerinnen haben fl. 7. Diese Arbeit wird nicht nach Hause gegeben. Die Arbeitszeit ist von 7 bis 6 Uhr. Zu Mittag ist eine Stunde frei, sonst ist keine Pause. Da müssen wir während der Arbeit essen.
Vorsitzender: Werden Sie bei der Arbeit überwacht, wenn Eine etwas langsamer arbeitet? — Exp. Nr. 59: Ja, da heißt es gleich, man ist faul.
Vorsitzender: Werden Abzüge gemacht? — Exp. Nr. 59: Nein, auch für das Zuspätkommen nicht. Wenn man zu spät kommt, muß man durch das Comptoir gehen, damit man gesehen wird. Das dürfte aber nicht häufig vorkommen, sonst wird man ausgemacht. Die Kündigung ist für beide Theile eine achttägige. Arbeiterinnen, die Kost und Wohnung haben, gibt es nicht.
Dr. Verkauf: Wenn Sie einen halben Tag nicht arbeiten, wird Ihnen das abgezogen? — Exp. Nr. 59: Ja.
Dr. Verkauf: Und wenn Sie eine halbe Stunde zu spät kommen?
— Exp. Nr. 59: Das wird auch abgezogen. Das habe ich schon bei der Auszahlung gehört.
Dr. Rauchberg: Haben Sie durch das ganze Jahr volle Arbeit?
— Exp. Nr. 59: Ja. (Ueber Befragen.) Unser Ärbeitslocal liegt in einem Stockwerke, nicht ebenerdig. Wo ich arbeite, sind über 30 Personen. Das Local hat elf Fenster. In einem Stock ist ein Werkmeister: bei uns führt ein Fräulein aus dem Comptoir die Aussicht. Dann ist eine Magazineurin, die die Arbeit ausgibt. In dem Locale sind nur Frauen. Es wird nie aus- gerieben. Ich erhielt vor Kurzem den Auftrag, die Fenster eines Stockwerkes zu Putzen, die, seitdem ich dort bin, noch nicht geputzt worden sind. Ich hätte sie während der Arbeitszeit putzen sollen. Ausgekehrt wird am Abend. Da müssen die Arbeiterinnen die Tische wegräumen und den Schmutz hervorkehren, und das Andere kehrt der Hausknecht weg. Die Lehrmädchen müssen das Magazin zusammenräumen und aufwaschen.
Frl. Boschek: Ist bei jedem Tisch eine erste Arbeiterin? — Expertin Nr. 59: Ja.
Frl. Boschek: Hat die eine Verantwortung, daß etwas zu einer bestimmten Zeit fertig sein muß? — Exp. Nr. 59: Ja. Sie beobachtet sogar die Mädchen, die weniger und die mehr machen.
Frl. Boschek: Wem sagt sie das dann? — Exp. Nr. 59 : Der Arbeiterin selbst. Wenn aber im Magazin oder im Comptoir getrieben wird, muß sie dann sagen, von Dieser oder Jener bekomme ich die Arbeit nicht.
Vorsitzender: Haben Sie für Jemanden zu sorgen? — Expertin Nr. 59: Ich habe seit zehn Jahren meine Mutter zn erhalten. Wir wohnen zusammen in Mariahils und haben Zimmer, Küche und Cabinet. Da wohnen ich, meine Mutter, mein Bruder, ein Bettgeher, und ein Fräulein auf dem Cabinet. Wir zahlen fl. 46-30 vierteljährig. Im Zimmer schlafen vier Personen. Der Bettgeher zahlt fl. 1 wöchentlich, das Fräulein fl. 5 für's Monat. In der Küche schläft Niemand. Wir haben im Zimmer vier Betten.
Engel: Woher wissen Sie, daß das Local nicht gereinigt wird? — Exp. Nr. 59: Zu Weihnachten wird gewöhnlich überall gereinigt. Ich habe aber gehört, daß dort nicht gereinigt worden ist.
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