gesetzten und überhaupt für einen anständigen Menschen gehört. Die Mädchen sind in der Weise behandelt worden, wie es ihnen zukommt. Daß Intimitäten vorgefallen sind, ist mir nicht bekannt; das dürfte nur den Herren bekannt sein, welche gar nicht in dieser Fabrik waren, wie dies beim Herrn Exp. b' der Fall ist.

Vorsitzender: Es dürfte diese ganze Angelegenheit vielleicht auch mit dem Duzen und überhaupt mit den patriarchalischen Verhältnissen in diesem Gewerbe zusammenhängen? Exp. Neumann: Es ist Usus, daß die Lehrmädchen geduzt werden, die Arbeiterinnen aber nicht. Es dürften noch einige patriarchalische Geschäfte sein, wo dies geschieht, aber ein modernes Geschäft wird das nicht mehr thun. Ich möchte noch bemerken, daß Unsittlich- keiten in der betreffenden Fabrik schon deswegen ausgeschlossen sind, weil Arbeiterinnen und Werksührer alle in demselben Locale sich befinden.

Schluß der Sitzung 10 Uhr 50 Minuten.

12. Sitzung, Donnerstag, 12. Wär; 1896.

Vorschende: Baronin Vogelfang.

Beginn der Sitzung 7 Uhr 5 Minuten Abends.

Vorsitzende: Wir haben heute Expertinnen aus der Wäschebranche, Miedererzeugung u. s. w. zu vernehmen.

Exp. Nr. 64 (über Befragen): Ich arbeite bei einer Frau, die noch zwei andere Arbeiterinnen zu Hause hat. Die Frau bringt die Arbeit aus einem Geschäfte. Ich bin schon seit zehn Jahren bei dieser Frau und werde das ganze Jahr beschäftigt. Wir müssen höchstens zu Weihnachten, wenn in dem Geschäfte, wohin die Frau arbeitet, die Inventur vorgenommen wird, aussetzen. Das Geschäft, für das wir arbeiten, hat einen sehr großen Absatz. In anderen Geschäften müssen die Arbeiterinnen ein bis zwei Monate aus­setzen. Lehrmädchen haben wir nicht. Wir machen feine Corsets und Negligö- jacken. Die Frau schneidet Alles zu und richtet vor. Wir nähen den ganzen Tag, und zwar zwei auf der Nähmaschine und eine mit der Hand. Wir arbeiten elf Stunden täglich, außerdem nehmen die anderen Arbeiterinnen auch oft Arbeit mit nach Hause; ich thue das aber nicht.

Ich bin aus einer Arbeiterfamilie, mein Vater war Faßbinder. Wie ich nach Wien gekommen bin, war ich zuerst im Dienst. Dort ist die Näherei betrieben worden, und da bin auch ich dazugegangen. Ich ver­diene wöchentlich fl. 7. Die Arbeit wird nach der Woche bezahlt, weil es nur feine Arbeit ist, die nicht nach Stück bezahlt werden kann.

Dr. Ofner: Waren Sie Lehrmädchen? Exp. Nr. 64: Ich habe zwei Monate gelernt und habe dafür pro Monat fl. 5 bezahlt. Aufgedungen wurde ich nicht.

Jede Näherin hat ihren Artikel. Wenn mehrere Stücke auf einmal gemacht werden, so arbeiten wir Alle zusammen.

Bardorf: Waren Sie nicht früher in kleineren Geschäften? Exp. Nr. 64: Ich war immer in solchen Betrieben, die wieder für größere Geschäfte arbeiten.

Bardorf: Ist Ihnen nicht bekannt, wie das Lehrverhältniß in kleinen Geschäften ist? Exp. Nr. 64: Ich kenne eine Näherin in Maria- hilf. Dort sind vier bis fünf Lehrmädchen. Es ist eine sehr schlecht bezahlte Arbeit. Die Lehrmädchen werden dort zwei, drei Jahre bei dieser einfachen Arbeit, die man in einem Monat lernt, ausgenützt. Die Arbeiterinnen