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die Appreteurinnen sind nach Stück bezahlt, da ist aber die Arbeit gleich. Sie bekommen für 100 Mieder, wenn ich nicht irre, 25 kr. Da muß Eine der Anderen in die Hand arbeiten, und zwar ist die Sache so: Es sind

zwei Spannerinnen, die bekommen für 100 Stück zusammen 25 kr., und

eine Einstärkerin, die bekommt 23 kr. oder 22 kr. für das Hundert, so daß alle

drei zusammen für das Hundert 47 kr. bekommen. Diese 47 kr. werden

unter alle drei getheilt, weil die eine nicht fortwährend beim Einstärken bleiben kann. Sie machen im Tage etwa 700 Mieder. Die Arbeit ist aber keine regelmäßige. Es kann auch vorkommen, daß sie nur 300 bis 400 Mieder machen. Die Preise, welche an die Näherinnen außer Haus gezahlt werden, sind auch verschieden. Es gibt Mieder zu 5, 6, auch 12, 15, 18 und 25 kr.

Vorsitzende: Können Sie sagen, wie viel eine Näherin von der billigsten Sorte im Tag zu machen im Stande ist? Exp. Nr. 65: Wenn eine zwölf Mieder im Tag macht, so muß sie sehr fleißig sein, wenn sie nebenbei noch ihre Wirthschaft versorgen will. Bei der minderen Arbeit ist sie viel schlechter daran als bei der besseren. Sie verdient also 60 kr. Da muß sie Nähwolle und die Maschine dazu haben.

Vorsitzende: Sind die Preise das ganze Jahr hindurch gleich, oder erleiden sie in der schwächeren Saison eine Herabsetzung? Expertin Nr. 65: Die Wochenarbeiterinnen sind gleich. Die Stickerinnen dürften nicht gleich sein. Ich kann aber da keine Ziffern angeben.

Vorsitzende: Rohstoffe haben Sie nicht beizugeben? Expertin Nr. 65: Nein, wir bekommen Alles.

Vorsitzende: Kommen auch Ueberstunden vor? Exp. Nr. 65: Ja, die werden so bezahlt, was eben für die Stunde entfällt. (Ueber weitere Fragen.) Wir haben eine llstündige Arbeitszeit. Dann nehme ich auch Arbeit mit nach Hause, und zwar besorge ich das Adjustiren der Mieder. Das ist auch eine Arbeit für die Einzieherinnen. Wir werden ersucht, Ar­beit mitzunehmen, müssen es aber nicht thun. Dafür bekommen wir 4 kr. per Stück. Ich arbeite an einem solchen Mieder eine Viertelstunde. Meistens nehme ich mir 12 bis 15 Stück mit. Wenn man sich aber eine Arbeit mit­nimmt, so muß sie am selben Abend fertiggemacht werden. Den Lohn der Männer in der Fabrik kenne ich nicht. Bon den Arbeiterinnen sind einige verheiratet. Die Mehrzahl ist ledig. Kinderarbeit gibt es in der Fabrik nicht. Abzüge für verdorbenes Material kommen nicht vor. Wenn man einige Minuten zu spät kommt, werden 3 bis 4 kr. abgezogen. Das Geld bekommt der Herr, wie er es verwendet, wissen wir nicht.

Wittelshöfer: Warum ist Ihre Kategorie im Wochenlohn, die anderen im Stücklohn? Exp. Nr. 65: Das ist seit je her.

Dr. Ofner: Wie oft bekommen Sie Arbeit nach Hause? Expertin Nr. 65: In der Saison zwei- bis dreimal in der Woche. (Ueber Befragen.) Ein Lehrmädchen bekommt nach vier bis fünf Wochen fl. 1, dabei bleibt sie 14 Tage oder drei Wochen, dann bekommt sie um 25 bis 30 kr., je nach der Verwendung, mehr.

Bardors: Haben Sie eine Fabriksordnung? Exp. Nr. 65: Nein. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Ich bin verheiratet und habe eine Wohnung im zweiten Bezirk, welche ich und mein Mann allein be­wohnen. Wir haben keme Kinder. Die Wohnung besteht aus einem Zimmer, ist licht und geht auf die Gasse. (Ueber weitere Fragen.) In der Früh nehmen wir Kaffee, zum Gabelfrühstück esse ich Wurstzeug, Mittag nichts, weil wir während der Mittagstunde arbeiten. Zur Jause esse ich wieder Kaffee und Abends Suppe, Fleisch und Gemüse. Das kocht meine Mutter, bei welcher ich esse. Für das Abendessen rechne ich 20 kr., für den Morgenkaffee 5 kr., Gabelfrühstück 10 bis 12 kr. Das Arbeitslocal ist ziemlich groß, hat sechs Fenster und ist gut beleuchtet. Geschenke haben wir nicht zu wachen.