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Wittelshöfer: Wann beginnt die Arbeitszeit? Exp. Nr. 65: Wir arbeiten von V 28 Uhr Früh bis V 28 Uhr Abends. In der Mittag­stunde arbeiten wir freiwillig und werden da nach Stück bezahlt. Da machen wir das Aufputzen der Mieder.

Wittelshöfer: Ist das allgemein üblich? Exp. Nr. 65: Nur Diejenigen, welche weit wohnen, arbeiten über Mittag, die Anderen gehen fort.

Frl. Fickert: Wie lange halten Sie das aus, so den ganzen Tag durchzuarbeiten? Exp. Nr. 65: Das thue ich schon sehr lange, über zwölf Jahre. Wenn ich aber auch nichts zu thun habe, so gehe ich nicht nach Hause zum Essen. (Ueber Befragen der Vorsitzenden.) Das Local wird, bevor wir kommen, gelüftet, manchmal auch während des Tages, wenn es nicht zu kalt ist. Die Heizung ist gut. Die Aborte sind sehr schlecht. Wir müssen vom ersten Stock hinuntergehen, dann durch den Hof, über die andere Stiege wieder in den ersten Stock. Im Winter sind wir oft sehr erhitzt, und da kann man sich leicht eine Krankheit zuziehen. Den Abort benützen 40 Arbeiterinnen. Gearbeitet wird in drei Räumen, und sind in einem Raume sammt den männlichen Arbeitern bis zu 40 Personen. Das eine Zimmer hat fünf Fenster in einer und fünf in der anderen Reihe. Das Zimmer, in dem die Appreteurinnen sind, hat drei Fenster. Im Arbeits­raume schläft Niemand. Die Behandlung seitens der Vorgesetzten ist keine gute. Es kommen auch mitunter Schimpfworte vor; besonders wenn man zu spät kommt. In Bezug auf die Sittlichkeit sind keine Anstünde. Im

Ganzen sind von den Arbeiterinnen vier verheiratet. Die Kündigung ist

14tägig.

Bardorf: Was essen jene Arbeiterinnen, die sich das Essen holen lassen? Exp. Nr. 65: Wurst oder vom Gasthause Suppe oder Gemüse, Fleisch nicht.

Dr. Btezina: Sind die Arbeiterinnen vorwiegend jung oder gibt

es auch ältere? Exp. Nr. 65: Die meisten sind 28 bis 30 Jahre. Es

gibt aber auch 18- und 19jährige.

Dr. Brezina: Was geschieht mit den älteren Arbeiterinnen? Heiraten die weg? Exp. Nr. 65: Manche heiraten, und dann kommen sie nicht mehr. Das ist meistens der Fall. Wir sind unser nur vier Ver­heiratete, und von den klebrigen ist keine über 30 Jahre alt.

Dr. Schwiedland: Hat eine Verdrängung der Männerarbeit durch die Frauen stattgefunden? Exp. d: Nein; dieser Artikel ist seit jeher von Frauen gemacht worden. Manchmal helfen die Männer ihren Frauen bei der Hausarbeit mit, in der Fabrik aber arbeiten nur Frauen.

Exp. Nr. 65 (über Befragen der Vorsitzenden): Im Sommer gehe ich spazieren, Ausflüge mache ich nicht. Ich gehöre keinem Vereine an. Ich bin bei der Genossenschafts-Krankencasse und zahle wöchentlich 8 kr. Ich habe Eltern und Geschwister, habe dieselben aber nicht zu unterstützen.

Frl. Fickert: Sind alle Arbeiterinnen in der Krankencasse ver­sichert? Exp. Nr. 65: Das weiß ich nicht.

(Monsignore Dr. Scheicher übernimmt den Vorsitz.)

Exp. Nr. 66 (über Befragen seitens des Vorsitzenden): Ich bin Ein- fasserin und bin schon vier Jahre im selben Geschäfte. Ich habe 14 Tage gelernt. Es sind 25 Mädchen im Hause beschäftigt und vier bis fünf Lehr­mädchen. Diese lernen zwei Jahre. Die Beschäftigung bleibt sich durch das ganze Jahr gleich. Bei uns sind auch Männer als Zuschneider beschäftigt, Alles zusammen sind bei 40 Personen beschäftigt. Wir erzeugen nur Mieder. Arbeit wird auch außer Haus gegeben. Die Arbeiterinnen sind aus Arbeiter­kreisen. Die Arbeitsvermittlung geschieht durch Umfragen.

Wittelshöfer: Was machen die Lehrmädchen? Exp. Nr. 66 : Bei uns sind sie meist nur beim Einschlagen; andere Arbeit machen sie nicht.

Wittelshöfer: Kann ein Lehrmädchen nach zwei Jahren ein