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sind eigentlich nur Anfängerinnen, weil sie nicht aufgedungen werden. Ich mache ganze Mieder. Ich bekomme es zugeschnitten und muß es bei der Maschine fertig machen.

Wittelshöfer: Ist bei Ihnen nicht auch die Eintheilung in Ein- fasserinnen u. s. w.? Exp. Nr. 67: Ja, das ist im Allgemeinen auch. Aber ich bin jetzt die erste Person, ich arbeite im Gegensatze zu den anderen nach der Woche" und muß alles übernehmen, das Cartoniren u. s. w. auch machen. Ich bekomme fl. 6.

Dr. Riedel: Ich bitte uns die einzelnen Kategorien von Arbeitern und deren Löhne aufzuzählen. Exp. Nr. 67: Für einzelne Mieder werden 8 bis 35 kr. gezahlt. Solche von 35 kr. kann eine Arbeiterin höchstens zwei Stück im Tag machen; von den billigeren sechs bis acht Stück. Die Ein- zieherin bekommt 1 kr. per Stück. Diese verdient sich fl. -IV 2 bis 5 in der Woche. Die Einfasserin ebensoviel, eventuell etwas mehr, vielleicht fl. 6, die Stickerin verdient sich ebensoviel und die Appreteurin auch.

Herrdegen: Wie viel bekommen die Appreteurinnen gezahlt? Exp. Nr. 67: Für das Dutzend 8 kr. Da muß sie es allein einstärken und büsten. Wir haben nur eine Appreteurin. Wir haben in unserem Geschäft zwölf Büsten, die alle von der einen Appreteurin bedient werden. Sie büstet täglich 80 Stück. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Ueberstunden werden keine gemacht. Wenn viel zu arbeiten ist, nehmen die Mädchen Nachtarbeit mit. Äusgaben für Zwirn und Seide haben wir keine; aber die außer Haus arbeiten, müssen sich die Wolle kaufen und eine Maschine haben: deshalb sind die außer Haus schlechter daran, wenn sie auch wegen der Wolle 1 kr. mehr Stücklohn bekommen. Die Hausarbeiterinnen dürfen die Wolle kaufen, wo sie wollen, beim Herrn oder in einem Geschäft. Die Preise sind dieselben. Sie braucht für ein Dutzend Mieder einen Strähn Wolle, das ist 6 kr., möglicherweise auch 2 kr.; ich weiß es nicht genau. Die Nadeln und das Oel muß sie auch beistellen.

Dr. Verkauf: Ich möchte wissen, ob die Heimarbeiterinnen besser oder schlechter daran sind wie die in der Fabrik Arbeitenden? Expertin Nr. 67: Ich glaube, gewöhnlich schlechter, denn sie haben auch noch Aus­gaben. Wenn die Maschine ruinirt ist, muß sie fl. 3, 4 zahlen. Oft brechen sehr viele Nadeln nacheinander u. s. w.

Herrdegen: Die Angaben bezüglich der Löhne der Appreteurinnen stimmen nicht. Sie sagten, per Dutzend wird 8 kr. bezahlt, und 80 Stück sei die Tagesleistung. 80 Stück sind rund sieben Dutzend. Das wären 56 kr. pro Tag und fl. 3'60 für die Woche; nun haben Sie gesagt, der Lohn be­trage mehr, und zwar fl. 5. Wie läßt sich das aufklären? Exp. Nr. 67: Wenn Sie nur im Geschäft arbeiten würden, so würde sie nicht mehr ver­dienen. Aber sie nimmt sich täglich für etwa 30 kr. Arbeit nach Hause mit, und so kommt sie auf fl. 5. Sonst verdient sie bestimmt nicht mehr. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Abzüge und Strafen kommen nicht vor. Aller­dings hat uns der Herr vor Kurzem angedroht, daß er eine Strafe von 5 kr. einführen wird, wenn Eine zu spät kommt. Die Arbeitszeit ist von halb 8 bis 7; eine Stunde Mittagspause, und zwar von 12 bis 1. Wenn wir Bor- oder Nachmittags die Arbeit auf ein paar Minuten unterbrechen, um zu essen, so ist das unser eigener Schaden, weil wir nach Stück gezahlt werden.

Wittelshöfer: Sind in Ihrem Betriebe Männer? Expertin Nr. 67: Nur Zuschneider.

Wittelshöfer: Hat die Arbeit, welche Sie selbst machen, immer eine Frau verrichtet? Exp. Nr. 67: Das hat früher der Chef gemacht. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Sonn- und Feiertage wird nicht gearbeitet. Die Kündigungsfrist beträgt 14 Tage für beide Theile. Beim Unternehmer hat keine der Arbeiterinnen Kost oder Wohnung. Arbeiten werden im All-

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