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— Exp. Nr. 68 : Nur ich habe 1'Z Stunden Pause gehabt, weil ich zu Hause gegessen und den Herrn gebeten habe, er möchte mir das erlauben. Während der Mittagspause hat niemand gearbeitet, denn wir älteren Arbeiterinnen hätten uns darüber ausgehalten. Auch war ein paarmal der Ge- werbe-Jnspector dort, und da hat es der Herr verboten, zu Mittag zu arbeiten. Es wurde immer in der Früh gelüstet. Es war kein Zwang, daß wir uns Arbeit nach Hause genommen haben, es kommt auch vor, dast die Mädchen, welche in der Fabrik angestellt sind, Privatarbeit übernehmen. Ich habe das selbst auch gethan und diese Arbeiten in der Nacht und am Sonntag ausgefertigt. Da bin ich um ' 27 Uhr nach Hause gekommen und nachdem ich meine häuslichen Arbeiten verrichtet hatte, mußte ich mich wieder setzen und bis 10 , 12 Uhr arbeiten. Um I 26 Uhr mußte ich wieder aufstehen.
W i t t el s h ö s er: Wie ist es mit den Heimarbeiterinnen bestellt, die nicht in der Fabrik arbeiten? — Exp. Nr. 68 : Ich selbst habe schon solche Arbeit verrichtet; da sind mir Arbeiten untergekommen, z. B. Arbeiterhemden, wo das Dutzend mit 48 kr. gezahlt wurde. Da mußte ich zwei Dutzend machen; bei diesen habe ich allerdings keine Materialien beisteuern müssen.
Wittelshöser: Kommt es vor, daß eine Hausarbeiterin sich andere Arbeiterinnen aufnimmt, von denen sie sich helfen läßt? — Expertin Nr. 68 : O ja, da gibt es keine Krankeücasse und gar nichts. Da nimmt sich Eine einfach eine Maschine und annoncirt, nimmt sich fünf bis sechs Mädchen auf, denen sie in der Woche st. 5 bis 6 oder nach Stück 48 bis 60 kr. per Dutzend bezahlt.
Dr. Riedl: Werden die 48 bis 60 kr. nur für das Nähen, oder
auch für das Knopflöchermachen gezahlt? — Exp. Nr. 68 : Nur für das
Nähen. Ich z. B. nähe für einen Subunternehmer, da bekomme ich 4 bis 6 kr. für das Stück. Wenn ich zu Hause selbst vorrichten muß, so bekomme ich dafür 10 bis 12 kr. per Dutzend.
Dr. Osner: Haben Sie eine Saison? -- Exp. Nr. 68 : In der Weißnäherei ist immer gleich viel zu thun.
Dr. Osner: Wie viel verdienen Sie sich pro Woche ? — Exp. Nr. 68 :
st. 6 , da muß ich von zeitlich Früh bis spät in die Nacht arbeiten und
außerdem noch meine häuslichen Arbeiten verrichten. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Ich bewohne mit meinen zwei Kindern ein Zimmer, für welches ich st. 28 vierteljährig zahle. Ich koche nicht, ich habe das Essen von meiner Mutter, welcher ich fl. 2 wöchentlich zahle. In der Früh habe ich Kaffee, zu Mittag Fleisch und Zuspeise und am Abend Kaffee. Höchstens daß ich den Kindern um 10 kr. irgend eine Kleinigkeit kaufe.
Dr. B 1 ezina: Da bekommen Sie also das Essen von der Mutter um einen unverhältnißmäßig billigen Preis, aber haben Sie nicht beobachtet, daß junge Mädchen, welche keine Unterstützung haben und auch nicht so viele Stunden arbeiten, irgend einen Nebenerwerb haben? — Exp. Nr. 68 : Soweit ich die Mädchen kenne, nicht.
Dr. B 1 ezina: Vielleicht daß sie sich von einem Mann unterstützen lassen? — Exp. Nr. 68 : Nein.
Dr. Riedl: Was war Ihr Mann? — Exp. Nr. 68 : Fleischhauergehilfe.
Dr. Riedl: Sind diese beiden Kinder Ihre einzigen Kinder gewesen? — Exp. Nr. 86 : Ja.
Exp. Plaß: Die Expertin sagte, daß die Verhältnisse bei Löwinger und Lauser nicht so seien, wie ich sie geschildert habe. Ich kann nur wiederholen, daß wir Zuschneider eine sehr gute Behandlung haben, daß ich selbst betont habe, daß die Werksührerin launenhaft ist. Uns gegenüber kann sie natürlich diese Laune nicht zeigen, weil wir uns das nicht gefallen lassen würden. Der Chef selbst kommt uns ungemein entgegen und er steht auch mit den Arbeiterinnen im besten Einvernehmen.
Exp. Nr. 69 (über Befragen des Vorsitzenden): Ich bin auch in der-