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selben Fabrik wie der Herr Experte Plaß und habe fl. 8 wöchentlich. Die Arbeitszeit ist von 6 bis 7 Uhr, ich arbeite schon drei Jahre dort, ich habe dort auch gelernt. Ich bin jetzt keine Näherin mehr, sondern bei der Mani­pulation. Es verdient sich aber auch manche von den Näherinnen so viel wie ich. Die Näherinnen verdienen sich dort fl. 5 bis 9. Die Behandlung ist außerordentlich gut. Ich wohne bei meinen Eltern. Die Löhne, welche für Heimarbeit gezahlt werden, sind 80 kr. bis fl. 1'20 für leichte Hemden Per Dutzend, in der Fabrik selbst werden nur feine Arbeiten gemacht, und da ist der geringste Lohn fl. 1'40 für das Nähen allein per Dutzend. Die Vorrichterinnen bekommen 66 kr. per Dutzend. Die Vorrichterinnen werden vom Herrn selbst aufgenommen. Jede derselben arbeitet mit zwei oder drei Näherinnen. Es wird jeder Näherin jedes Dutzend Hemden eingeschrieben, und die Näherin schreibt wieder der Vorrichterin jedes Dutzend ein. Krägen und die Manschetten werden außer Haus gegeben. Wie viel der Stücklohn der Büglerinnen und Streiferinnen beträgt, weiß ich nicht, kann aber sagen, daß sich die Büglerinnen fl. 6 bis 9, manche sogar fl. 10 verdienen. Die Arbeiterinnen an der Knopflochmaschine verdienen sich fl. 7 bis 10. Diese Arbeit ist ziemlich anstrengend, weil die Betreffende den ganzen Tag auf die Arbeit schauen muß. Sie arbeitet mit den Händen und muß mit den Knieen auf den Apparat drücken, damit er in Bewegung kommt. Die Glänzerinnen verdienen sich fl. 6 bis 9. Was die Streiferin verdient, weiß ich nicht genau, ich glaube fl. 5 bis 6.

Wittelshö'ser: Der Experte hat gesagt, daß die Vorrichterinnen von den Näherinnen selbst bezahlt werden. Was ist richtig? Experte Nr. 69: Nein, sie werden vom Herrn selbst bezahlt, ich weiß das, weil ich das früher selbst alles übergehabt habe. Exp. Nr. 68: Nein, die Vor­richterin geht nicht selbst zum Herrn. Exp. Plaß: Beide Expertinnen haben recht. Anderswo ist die Vorrichterin nicht in Verbindung mit dem Herrn, bei uns aber ja. Exp. Nr. 69: Die Vorrichterin hat ein Buch, mit diesem geht sie zum Herrn hin und wenn sie z. B. drei Dutzend Hemden bekommt, so wird jeder von den drei Näherinnen ein Dutzend, und der Vorrichterin drei Dutzend eingeschrieben.

Dr. Riedl: Wo wohnen Sie? Exp. Nr. 69: Ich wohne bei den Eltern, die Mutter hat ein Wäschputzgeschäft, und der Vater ist Leder­arbeiter. Wir verdienen alle. Exp. Pletzl (über Befragen seitens des Vor­sitzenden) : Ich bin Vorsteherin der Productiv-Geuossenschaft. Wir zahlen für die allerbilligsten Herrenhemden ohne Knopflöcher fl. 2'50 und für die besten fl. 7 per Dutzend. Für das Knopflöchern zahlen wir für die einsachenHemden fl. 1'44, für die befferen fl. 1'80 bis 2'40 per Dutzend. Für die Damenhemden wird für die billigsten 25 kr., für gewöhnliche, gute, aber einfache Hemden 30 bis 35 kr. und für die besten Hemden 40 bis 60 kr. per Stück gezahlt. Da muß es die Arbeiterin vollständig fertig machen. Ich hatte früher selbst ein Geschäft in der Lindengasse und habe für einen Privatunternehmer ge­arbeitet. Es war dies im Jahre 1884. Da habe ich für Hemden, für welche wir 25 bis 30 kr. Arbeitslohn zahlen, 12 bis 15 kr. bekommen.

Dr. Blezina: Sie zahlen wesentlich höhere Löhne als die Unter­nehmer ; da muß doch ein großer Andrang von Arbeiterinnen sein in Wien. Wie nehmen Sie also die Arbeiterinnen auf? Exp. Pletzl: Die Arbeiterin muß erst ein Probestück bringen; wenn dieses brauchbar ist, muß sie eine Probezeit von sechs bis acht Wochen arbeiten und dann kann sie als Mitglied eintreten, wenn wir sie brauchen können und es ihr convenirt.

Wittelshöfer: Wenn eine Arbeiterin sich als tüchtig erweist, so weisen Sie sie also nicht zurück. Wie kommt es dann, daß Sie nicht alle tüchtigen Arbeiterinnen dieser Branche an sich ziehen? Exp. Pletzl: Die besonders tüchtigen Arbeiterinnen fangen auf eigene Faust zu arbeiten an. Bei uns werden aber nur solche aufgenommen, die nicht mit Lohn-