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anfangen selbstständig zu werden, daß sie oft nur Zimmer und Küche haben und dieses Zimmer sowohl als Arbeitslocal wie auch als Speise- und Schlafzimmer dient, so daß, wenn die Arbeiterinnen in der Früh in's Geschäft kommen, die Betten noch offen stehen und noch nicht gelüstet ist. Da müssen sich sechs bis acht Arbeiterinnen in den Dunst hinsetzen und arbeiten, bis die Frau die Güte hat, die Betten zu machen und vielleicht ein wenig zu lüften, wenn nicht kleine Kinder da sind, von denen sie glaubt, daß ihnen die Lust schaden könnte. Dabei wird es 11, 12 Uhr, und da gehen die Arbeiterinnen nach Hans, oder sie bleiben auch zum Essen dort. Nur wenn eine Frau schon längere Zeit arbeitet, so nimmt sie sich noch ein Zimmer dazu. Früher hat das Gewerbe viel mehr geblüht wie heute. Vor etwa sieben Jahren, als die Schlagmaschine erfunden wurde, wurden einer Frau für einen Meter Schlingeret 4 bis 5 kr. gezahlt, wofür heute blos V, kr. berechnet werden. Damals haben die Arbeiterinnen, die in Accord gearbeitet haben, fl. 10 bis 12, wenn sie tüchtig waren, auch fl. 14 bis 16 verdient. Wie man aber gesehen hat, daß die Frau bei der Schlingmaschine so viel verdient, haben die Männer diese Arbeit übernommen. Das hat aber nicht lange gedauert; es wurden bald Abzüge gemacht und bedeutend weniger gezahlt. Die Männer waren damit nicht zufrieden und haben diese Arbeit wieder gutwillig den Frauen überlassen. Die Arbeiten bei der Schlingmaschine stnd bedeutend anstrengender als das Nähen; denn eine Schlingerin hat nichts vorzurichten, sie muß in einemfort bei der Maschine sitzen und mit Händen und Füßen arbeiten, indem sie mit den Füßen die Maschine tritt und mit der Hand die Zacken in die Maschine hinhält. Auch ist da vorgeschrieben, daß eine Arbeiterin pro Stunde 40 Meter machen soll. Wenn sie das nicht macht, so ist sie minder qualificirt und wird ent­lassen. In kleineren Geschäften, wo nur sechs bis acht Näherinnen sind, ist eine Schlingerin verpflichtet, der Arbeit aller dieser Näherinnen nachzukommen, und wenn viel zu schlingen ist, kommen sehr oft Ueberstunden vor. Es gibt nicht sehr viele Schlingerinnen, und es wäre gerade bei diesen eine bessere Bezahlung möglich. Vorgesetzte sind meist die Frauen selbst. Es kommt selten vor, daß es bei den Schürzennäherinnen eineAelteste" oderErste" gibt. Nur Diejenige, die am längsten dort ist, wird etwas bevorzugt. Im Allgemeinen ist das Verhältniß zwischen den Arbeiterinnen und den Frauen sehr freundlich, weil die Frauen, wenn sie in's Geschäft kommen und liefern, auch nicht anders behandelt werden als die Arbeiterinnen. Die Mahlzeiten, welche eingenommen werden, sind so ziemlich die gleichen, wie bei allen anderen Arbeiterinnen, denn wenn die Näherinnen auch manchmal besser bezahlt werden, so geben sie dafür mehr für die Kleider aus. Wir haben einen Fachverein für Wäsche-, Miederbranche rc. Es sind aber im Ganzen nur zwei Schürzennäherinnen dabei, wiewohl es sehr viele Schürzennäherinnen gibt. Die Organisation hat eine sehr kleine Mitgliederzahl, im Ganzen etwa 140, das sind aber meist nur zahlende Mitglieder, die sich um alles Andere nicht kümmern.

Dr. Schwiedland: Sie haben gesagt, daß die Zwischenmeisterin 90 kr. für das Dutzend Flanellröcke bekommt, und vier Arbeiterinnen, welche verpflichtet sind, 15 bis 20 Dutzend täglich herzustellen, fl. 4 erhalten, daraus haben Sie die Conclusion gezogen, daß die Zwischenmeister viel verdienen.

Exp. Krasa: So ist es; die Zwischenmeisterin bekommt für 15 bis 20 Dutzend fl. 14 bis 18. Wenn man davon für Wohnung, Heizung, Beleuch­tung, Anschaffung der Maschine, ferner für Zwirn, Oel und Petroleum einen entsprechenden Betrag abzieht, so kann man schließen, daß die Zwischen­meisterin einen Reingewinn von fl. 8 täglich hat.

Dr. Schwiedland: Und die Muster, welche Sie beschaffen müssen?

Exp. Krasa: Wenn eine Schürzennäherin eine Arbeit bekommen will,