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nachten ausgewaschen. Es besorgten dies die Arbeiterinnen selbst, und zwar nach der Arbeit, ohne dafür ein Entgelt zu bekommen; sie mußten sogar Lauge, Seife, Bürste, Fetzen, Waschet, Schaffet rc. für ihr eigenes Geld beistellen. Ich selbst habe mir immer um 2 kr. Lauge und um 4 kr. Seife gekauft; das Schaffet und die Fetzen rc. habe ich von zu Hause mitgenommen. Das war nicht blos bei uns, sondern auch in den anderen Abtheilungen. Die Wände wurden manchmal nach der Arbeitszeit vom Hausmeister abge­staubt, aber nicht abgewaschen. Der Fußboden ist gekehrt worden, wenn die Commission gekommen ist.

Vorsitzender: Hat man denn das schon- vorher gewußt? Exp. Nr. 103: Ja natürlich; da ist vorher schon Alles gekehrt worden, um 5 Uhr wurde schon geschmolzen, damit man den Dunst nicht spürt, und wenn die Commission um 9 Uhr gekommen ist, war das Blei schon gekocht und hat keinen Gestank mehr verursacht.

Vorsitzender: Was war das für eine Commission, und wie oft ist sie gekommen? Exp. Nr. 103: Es waren fünf Herren, die sind während der Zeit, wo ich dort war, dreimal gekommen; was für eine Commission das war, weiß ich nicht. Sonst wurde nur am Samstag aus­gekehrt, und zwar von den Arbeiterinnen; jede hat bei ihrer Bank zusammen- geputzt, und dort, wo Niemand arbeitet, haben die Aufmacherinnen gekehrt. Besen und Schaufeln gibt es aber von der Fabrik nicht. Am Samstag bleibt die Dampfmaschine um 6 Uhr stehen, und da muß Jede auskehren.

Exp. U: Die Mädchen in der Druckerei haben keinen Besen zum Zusammenkehren; da klauben sie den Schmutz mit einem Fetzen zusammen und geben ihn dann mit den Händen in die Schaufel hinein. Solche Fetzen bekommen sie alle drei Wochen, die sind sehr schmutzig und werden vom Hadernhändler gekauft und nicht desinficirt.

Exp. Nr. 103: Ja, das machen alle Arbeiterinnen mit diesen Fetzen, die sehr schmutzig und voll Blei sind.

Wittelshöfer: Es wurde gesagt, daß die Schutzvorrichtungen von den Arbeiterinnen nicht angewendet werden; wie machen sie denn das? Exp. U: Sie schieben einfach den Arm zurück, und die Schutzvorrichtung ist außer Funktion. Ich weiß bestimmt, daß das sehr oft vorkommt. Ich sehe es täglich.

Exp. Nr. 103: Die Fenster des Arbeitssaales gehen auf die Gasse. Es sind zwei offene Aborte da, einer für Männer, der andere für 50 Frauen, der hat geradezu schrecklich ausgeschaut. Es wurde nur selten Carbolpulver hineingegeben. Exp. I,: Ich war noch nicht in dem Mädchen­abort, aber über unseren Abort kann ich mich nicht beschweren. Jetzt sind zwei englische Aborte für die Männer neu angebaut worden, und auch die Mädchen haben zwei Aborte, aber die dienen jetzt für 100 Mädchen.

Exp. Nr. 103: Unser Vorgesetzter war ein Werkführer. Er war sehr grob; Kameel",dumme Gans" und lauter so schöne Worte hat man hören müssen, wenn Eine mit der Arbeit nicht nachgekommen ist. In sonstiger Beziehung war er nicht unanständig. Die Mehrzahl der Arbeiterinnen war ledig. Ich gehöre der Organisation an, und zwar dem Fachverein der Metallarbeiter. Ich bin in der allgemeinen Krankenkasse und zahle 17 kr. wöchentlich; im Krankheitsfälle bekommt man fl. 4. Außerdem wurden uns für den außer­ordentlichen Unterstützungsfonds 20 kr. jährlich abgezogen; für die Unfall­versicherung mußten wir nichts bezahlen.

Frl. Fickert: Haben Sie noch für Jemanden zu sorgen, außer für sich selbst? Exp. Nr. 103: Nein, ich habe keine Kinder.

Dr. Ofner: Wie wohnen Sie? Exp. Nr. 103: Ich habe eine eigene Wohnung und zahle fl. 8, ich wohne mit einem Manne zusammen.

Vorsitzender: Wir gelangen nun zur Vernehmung von Experten aus der Lampenbranche.