Dokument 
Die Arbeits- und Lebensverhältnisse der Wiener Lohnarbeiterinnen : Ergebnisse und stenographisches Protokoll der Enquete über Frauenarbeit, abgehalten in Wien vom 1. März bis 21. April 1896
Entstehung
Seite
393
Einzelbild herunterladen

393

anderwärts machen die Frauen dieselbe Arbeit wie die Männer, und zwar auch in schwereren Stoffen und mit derselben Geschicklichkeit.

Dr. Verkauf: Also die Männer sind nicht technisch tüchtiger? Exp. v. Wagner: Gewiß sind sie tüchtiger, denn was ich bezüglich der Verwendung von Frauen an Stelle der Männer sagte, bezieht sich nur auf die Costümbranche. Sobald es in die Confeetionsbranche geht, werden auch im Ausland nur Männer verwendet.

Dr. Verkauf: Ich habe gehört, daß man in letzterer Zeit versucht hat, zu gewissen Zeiten manche Artikel, welche Männ'erarbeit sind, von Frauen machen zu lassen, und daß deshalb die Männer früher aussetzen müssen. Exp. v. Wagner: Ob Männer oder Frauen früher aussetzen, hängt nur von der Mode ab. Zum Beispiel jetzt werden viel Blousen getragen und leichte Garnituren. Das kann ein Mann gar nicht machen.

Dr. Verkauf: Wird während des Ausfetzens den Arbeiterinnen eine Entschädigung geboten? Exp. v. Wagner: Nein, aber es steht ihnen frei, sich um andere Arbeiten umzusehen.

Vorsitzender: Wirkt in Bezug auf die Verwendung voll Männern und Frauen nicht auch die Jahreszeit mit? Exp. v. Wagner: Gewiß ; für Wintertoiletten werden mehr die Männer in Anspruch genommen, für Sommertoiletten mehr die Frauen, weil das leichtere Arbeit ist. Null sind im Sommer aber mehr Fremde da, deren Bestellungen mehr von männlichen Arbeitern gearbeitet werden, und im Winter ist wieder die Ball­saison, wo leichte Arbeit gebraucht wird, welche für Frauen geeignet ist.

Vorsitzender: Bei Ihnen gleicht sich das also durch die vieler! Fremden aus. Halten Sie es für möglich, daß in anderen Salons überhaupt die vorwiegende Anzahl der Arbeiter nur durch fünf bis sechs Monate beschäftigt wird? Exp. v. Wagner: Diese Frage kann ich nicht beantworten.

Dr. Schüller : Sie haben von August bis jetzt Ihre Firma geleitet. Wie lange war während dieser Zeit schwache Saison? Experte v. Wagner: Höchstens sechs Wochen, während welcher Zeit wir statt 250 nur 150 Arbeiter hatten. Auch während der übrigen Zeit hat man nicht alle 250 beschäftigen können, aber doch immer 200 oder mehr.

Dr. Schüller: Wie lange dürfte eine einzelne Arbeiterin von August bis jetzt gearbeitet haben? Exp. v. W a gn er: Das kann ich momentan nicht sagen, aber nach den Lohnbüchern kann ich das sehr leicht constatiren. Ich könllte einen Auszug machen lassen und ihn den Herren zur Verfügung stellen.

Smitka: Sie haben davon gesprochen, daß zeitweise Blousen stark gehen. Ist das auch in der kühleren Zeit der Fall oder nur im Sommer? Exp. v. Wagner: Die Blousen sind auch in diesem Winter viel ge­tragen worden.

Smitka: Deshalb beschäftigen Sie einen größeren Percentsatz von Frauen, als wenn diese Blousen nicht in der Mode wären? Experte v. Wagner: Ich glaube nicht, daß das auf die Zahl der beschäftigten Frauen einen so großen Einfluß hat. Bis jetzt sind wenigstens noch immer mehr Männer bei uns als Frauen.

Smitka: Wann hat die Saison angefangen? Exp. v. Wagner: Vor einem Monat.

Smitka: Haben während der todten Saison Männer und Frauen aussetzen müssen? Exp. v. Wagner: Ja, beide.

Smitka: Haben Sie während dieser Zeit mehr Arbeiter entlassen als wieder aufgenommen?Exp. v. W a gn er: Wir haben vielleicht vier Männer mehr entlassen, als wieder aufgenommen. Bon den Mädchen wurden gleich viele entlassen als wieder aufgenommen.