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Tr. Bi-ezina: Woher kommt es dann, daß nicht ältere Arbeiterinnen in größerer Zahl in der Fabrik sind? Exp. X: Die Fabrik ist von Gumpendorf hieher übersiedelt, und da waren die älteren Arbeiterinnen nicht in der Lage, hieherzuziehen, und den weiten Weg wollten sie auch nicht machen, deshalb sind sie ausgetreten.

Dr. Biezina: Gibt es bei Ihnen Berufskrankheiten? Exp. X: Höchstens daß man starken Husten und Kopfschmerz hat.

Tr. Ofner: Haben Sie nicht Augenkrankheiten, Sie haben ja von Augenfchmerzen erzählt? Exp. Nr. 111: Es werden die Augen freilich vom Dampf roth und rinnen; aber wenn man draußen ist, ist es weg.

Tr. Ofner: Wie lang dauert es, bis man die Arbeit erlernt? Exp. Nr. 111: Das kann man sehr leicht erlernen.

Dr. Ofner: Ist Ihre Arbeit anstrengend? Exp. Nr. 111: Nein, sie ist nur wegen des Staubes unangenehm.

Dr. Ofner: Sie waren früher in der Bleicherei, ist das anstrengender ? Exp. Nr. 111: O ja, da habe ich geschwollene Hände gehabt, weil ich die sogenannten Docken, das sind Wollstränge, gemacht habe. Wie ich beim Dockenmachen war, war ich in einer anderen Fabrik und habe fl. 6 wöchentlich verdient. Dort wird auch die Waare mit den Füßen eingetreten. Da waren lauter ältere Frauenzimmer dabei, wir sind vom Herrn dort viel geschimpft worden; ich selbst war in der Presserei, woselbst zwei Abtheilungen sind, eine für Wolle und eine für Cotton. Ich bin wegen der schlechten Behand­lung seitens des Herrn, der sogar die Arbeiterinnen geschlagen hat, weg­gegangen. Tort sind im Winter etwa 100 und im Sommer vielleicht nur zehn bis zwölf Personen beschäftigt.

Vorsitzender: Können Sie uns vielleicht sagen, woher dieser Unterschied rührt? Exp. X: In jenem Geschäft ist eine ganz andere Arbeit. Tort wird die Wolle in Strähnen gedreht, was bei uns nicht der Fall ist. Dieser Herr ist ein sehr grober Mensch, er wirft mit Schimpfworten nur so um sich.

Herrdegen: Wie ist es mit dem Eintreten der Waare? Expertin Nr. 111: Da ist ein Bottich mit kaltem Wasser, in welchem vier, fünf Arbeiterinnen mit nackten Füßen eine Stunde oder länger die Waare treten müssen. Es sind meist Slovakinnen, weil nur die es aushalten können. Das Wasser ist ganz kalt. Diese Arbeiterinnen bekommen wöchentlich fl. 5 und fl. 0. Wenn sie mit dem Treten fertig sind, müssen sie wieder in die Hitze des Vocals, dann kommen sie wieder in die Kälte u. s. w.

- Vorsitzender: Die Frauen sind bekanntlich jeden Monat unwohl. Wird da bei Denjenigen, die zuerst mit dem kalten Wasser zu thun haben und dann wieder in die Hitze kommen, darauf Rücksicht genommen? Setzen die nicht aus? Exp. Nr. 111: Nein: das ist mir nicht bekannt.

Vorsitzender: Denken die Mädchen überhaupt daran, daß das ungesund ist, und daß sie an so einem Tage dem Meister sagen sollen, er möge sie gerade heute nicht dazu verwenden? Exp. Nr. 111: Wenn sie das sagen würden, so würden sie die größten Grobheiten vom Hcrrn bekommen.

Frl. Fickert: Ist es Ihnen bekannt, daß Frauen dadurch krank geworden sind, daß sie in dieser Zeit die Arbeit verrichteten? Expertin Nr. 111: Nein.

Herrdegen: Was machen die Arbeiterinnen von jenem zweiten Betriebe, die im Sommer entlassen werden? Exp. Nr. 111: Das sind in der Mehrzahl Slovakinnen, die im Sommer entweder Hausiren gehen oder sich bei einen: Bau Beschäftigung suchen.

Herrdegen : Die müssen nichts gelernt haben? Exp. Nr. 111: Nein.

Frl. Fickert: Warum bekommen die Männer mehr Lohn als die Frauen? Exp. Nr. 111: Weil ihre Arbeit anstrengender ist.