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empfindlicher geworden als früher. Ich spüre das schon einige Jahre. Wir haben eine eigene Betriebs-Krankencasse, da werden uns wöchentlich 10 kr. abgezogen, und der Herr zahlt 5 kr. dazu. Das einzige Kind, das ich gehabt habe, ist im Alter von 4'/> Jahren gestorben.

Dr. Rauchberg: Was für Ueberkleider ziehen Sie im Winter an?

Exp. Nr. 1l2: Ein Tuch und am Kopf auch ein warmes Tüchel. Aber wenn man hinauskommt, beutelt es Einen doch, auch jetzt, wo es doch schon wärmer ist.

Vorsitzender: Wie alt sind Sie? Exp. Nr. 112: 40 Jahre.

(P ernerstorfer übernimmt den Vorsitz.)

Exp. Nr. 113 (über Befragen des Vorsitzenden): Ich bin Schweifen». Das Garn kommt zu uns in bloßen Bündeln. Da wird es zunächst von den Winderinnen aufgespult, dann kommt es zu den Schweiseriunen auf den Kettenbaum und dann zu den Wirkerinnen. Ich bin jetzt das dritte Jahr in der Arbeit, früher war ich im Dienst. Ich bin in Folge der Arbeit im Dienst an Gelenksentzündung erkrankt, und da habe ich mir gedacht, wenn ich in's Geschäft gehe und bei meinen Eltern wohne, wird es mir besser gehen. Meine Beschäftigung als Schweifen» besteht darin, daß ich das Garn aus dem Nahmen aufrolle. Wir haben stehende und liegende Rahmen, die ersteren für die Weber, die letzteren für uns. Ich bin schon im Alter von 14 ',2 Jahren als Schweifen» in eine Weberei gekommen. Da hatte ich ein halbes Jahr lang st. 2'50, dann bin ich in die Wirkerei in ein anderes Geschäft gekommen, wo ich anfangs st. 4'50 und später fl. 5 verdiente. Tann bin ich in ein Geschäft im VI. Bezirk gekommen, wo ich fl. 6 bekam, und dann wieder in einem anderen Geschäft erhielt ich fl. 7. Ueber das letztere ist die Sperre verhängt worden. Dies ist deshalb geschehen: Der Herr hat eine Fabriksordnnng herausgegeben, in welcher er eine elfstündige Arbeitszeit verlangte und außerdem anordnete, daß wir am Samstag um 0 Uhr Feierabend machen und dann noch eine Stunde Maschinenputzen und dergleichen besorgen sollten, so daß erst um 7 Uhr ausgezahlt worden wäre. Das haben die Arbeiter nicht annehmen wollen, sondern es haben sich alle die Bücher geholt und sind fort. Der besagte Herr hat bis jetzt noch keine Arbeiter, sondern nur Strikebrecher, zwei Männer und zwei Frauen. Derzeit bin ich schon in dem vierten Betrieb.

Vorsitzender: Warum Haber: Sie so häufig die Arbeit gewechselt ?

Exp. Nr. l13: Dort, wo ich fl. 4'50 und 5 verdient habe, hätte ich ir: der stillen Zeit beirr: Kammgarn nur fl. 2 bis 3 gehabt, deshalb bin ich fortgegangen, weil ich davon nicht leben kann. In den: zweiten Betrieb hat der Herr verlangt, daß wir bis 7 Uhr arbeiten. Ich habe ihn ganz einfach gefragt, ob wir dafür bezahlt bekommen, da hat er gesagt:Nein, wie können Sie so niederträchtig sein, zu fragen?" Darauf hin bin ich fort, und die Anderen sind mit mir gegangen. Am nächsten Tag sind wir wieder ge­kommen, und da hat der Herr uns zugeredet, wir sollen bleiben, er werde uns die Stunde bis 7 Uhr bezahlen; da sind wir geblieben und haben 12 kr. für die Stunde bekommen. Nun hat er im Winter Arbeiter entlassen wollen, und zwar mit achttägiger Kündigung. Darauf sagte ich:Ich gehe entweder gleich, oder es muß mir 14tägige Kündigung bewilligt werden." Als der Herr darauf nicht einging, bin ich weggegangen, und er wollte mir das Buch vorenthalten. Hierauf ging ich zur Genossenschaft, und da hat er mir das Buch geben müssen. Hierauf bin ich dann in den nächsten Betrieb eingetreten. Tort war ich vier Monate vor Weihnachten, dann ist die Sperre über ihn verhängt worden. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) In jenem Betriebe, von dem ich zuletzt gesprochen habe, waren 27 Personen beschäftigt, 12 Frauen und 15 Männer. Es war das ganze Jahr gleichmäßig Arbeit, Kinder wurden nicht beschäftigt, aber in einem anderen Betriebe sind Mädchen schon mit 14 und 15 Jahren in der Arbeit. Dort werden die Maschinen