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mit Dampf, im Betriebe, wo ich war, aber mit der Hand betrieben; das letztere ist sehr schwer, und es müssen manchmal auch Mädchen das machen. Bei uns wird Arbeit nach Hause gegeben, und zwar in der Knüpserei. Beim Knüpfen der Shawls und Tücher werden die Fransen zu Hause gemacht. Es gibt auch Heimarbeiteriuneu, die nur zu Hause arbeiten. Die Arbeiterinnen recrutiren sich zumeist aus Arbeiterkreisen, es kommen aber auch solche aus besseren Häusern, welche jedoch nur zum Tücherlegen und zu leichteren Arbeiten verwendet werden. Wir haben Lehrmädchen, welche jedoch nicht aufgedungen und freigesprochen werden, sondern in Wirklichkeit Hilfsarbeiterinnen sind. Bei der Genossenschaft werden nur männliche Arbeiter aufgedungen und freigesprochen. Die Lehrmädchen werden vom Werkmeister oder von Arbeitern unterrichtet. Diejenigen, welche die Lehr­mädchen unterrichten, bekommen dafür vom Herrn keine besondere Be­zahlung, sondern die Lehrmädchen selbst müssen ihnen zum Beispiel zum Namenstag etwas kaufen. Die Lehrmädchen verdienen st. 2 bis 2'50, je nach der Ärbeit. Eine Anfängerin bleibt circa ein halbes Jahr Lehrmädchen und bekommt vom Anfang an Bezahlung, und nach dem halben Jahre erhält sie höheren Lohn. Die Männer sind nur Wirker oder Werkführer.

Dr. Rauchberg: Die Mädchen lernen nicht Alles, was im Geschäft vorkommt, sondern Jede lernt nur eine von den Berrichtungen? Expertin Nr. 113: Ja.

Dr. Rauchberg: Kann also zum Beispiel die Winderiu knüpfen? Exp. Nr. 113: Gewöhnlich nicht. Ich kann alle Arbeiten, weil ich sie vom Sehen aus gelernt habe. wiewohl ich darin nicht unterrichtet worden bin. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) An den Wirkstühlen werden auch Frauen verwendet. Die machen dann dieselbe Arbeit wie die Männer. Selbst dort, wo Handbetrieb ist, sind das Mühlstühle, die gedreht werden müssen. Wir haben keine Arbeitsvermittlung, sondern man muß von Fabrik zu Fabrik Arbeit suchen gehen.

Vorsitzender: Sind Sie Mitglied des Fachvereines?Expertin Nr. 113: Ja, aber erst seit kurzer Zeit.

Vorsitzender: Es hat nämlich geheißen, daß der Fachverein die Arbeit vermittelt? Exp. Nr. 113: Allerdings, in der Mehrzahl der Fälle müssen sich aber die Arbeiterinnen die Arbeit selbst suchen. <Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Unsere Arbeitszeit ist von 7 Uhr Früh bis 6 Uhr Abends, mit einer einstündigen Mittagspause, aber ohne Frühstücks­und Jausenpause. In dem Betrieb, der jetzt mit der Sperre belegt ist, sind, abgesehen von den Ueberstunden, oft ganze Nächte durchgearbeitet worden. Auch wurde dort am Sonntag gearbeitet. Erst vorigen Sonntag haben sie wieder gearbeitet. Darauf sind wir hinunter und haben es angezeigt, und die Behörde von Hernals hat die Anzeige nicht angenommen.

Vorsitzender: Es sind also Ueberstunden ohne behördliche Be­willigung gemacht worden? Exp. Nr. 113: Ja.

Dr. Verkauf: Bei welcher Behörde in Hernals haben Sie die An­zeige gemacht? Exp. Nr. 113: Bei der Polizei in der Alsbachstraße. Ich selbst war nicht dort.

Dr. Verkauf: Waren diese Arbeiter von der Organisation? Exp. Nr. 113: Ja, von der Wirkerbranche.

Vorsitzender: Sie sagten, daß in diesem Betriebe sehr häufig am Sonntag gearbeitet wurde? Exp. Nr. 113: Ja, und zwar bis Mittag, und diese Arbeit wurde nicht besser bezahlt. (Ueber Befragen seitens des Vorsitzenden.) Wir haben im Sommer mehr Arbeit wie im Winter. In einzelnen Fabriken ist 14tägige Kündigungsfrist, in anderen gar keine. In dieser Fabrik war 14tägige Kündigungsfrist; das ist aber in einer Fabriks­ordnung gestanden, die er erst vor 14 Tagen gemacht hat. Früher war keine Kündigungsfrist.