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Usus, daß die Krägen und Manschetten im Hanse zugeschnitten, dutzendweise gebunden und dann den Näherinnen zugestellt werden. Der Lohn derselben difserirt zwischen 14 bis 20 kr. per Dutzend. In den Fabriken werden zum Zuschneiden Maschinen verwendet. Ich selbst habe keine Maschine, sondern schneide Alles mit der Hand zu. Das Quantum, welches ich zuschneide, ist verschieden; in dem einen Geschäft 40, in dem anderen 50 und in dem dritten 60 Dutzend pro Tag. Beim Zuschneiden ist es für mich gleichgiltig, von welcher Faeon die Krägen sind. Die Snbunternehmer, das sind größten- theils Arbeiter, die 3, 4 bis 20 Maschinen zu Hanse stehen haben, erhalten die zugeschnittene Waare. Die Mädchen, welche bei den Subunternehmern arbeiten, sind größtentheils vom Land und werden als Dienstboten angemeldet, wiewohl sie als wirkliche Näherinnen fungiren; sie bekommen Verpflegung und Wohnung im Hanse und nach zwei Jahren, wenn sie etwas können, fl. 4 monatlich. Ich kenne einen solchen Betrieb in Rudolfsheim ganz genau. Tort sind 30 Mädchen, und unter diesen sind keine 15, von denen man sagen könnte, sie seien Näherinnen. Es ist dort eine sehr starke Arbeitstheilung. So besteht jeder Kragen aus vier Theilen, zwei Einlagen und zwei Chiffontheilen, die zusammengenadelt werden müssen. Da sitzen die Mädchen, wenn sie hinkommen, drei Monate lang und thun nichts als zusammennadeln.
Vorsitzender: Worin besteht die Kost der Mädchen? — Experte Ludwig: Sie bekommen den einen Tag Erdäpfel und Kraut und den anderen Tag Kraut und Erdäpfel, Fleisch bekommen die Leute wenig zu essen.
Vorsitzender: Wie schlafen diese Mädchen ? — Exp. Ludwig: Ich habe selbst gesehen, daß sie die Betten übereinander haben, sogenannte Stellagebetten, und daß 15 bis 20 in einem Raum schlafen. ,
V orsitzender: Wer liefert die Waare ab? — Exp. Ludwig: Zum Abliefern haben sie dort eine Idiotin, damit sie nichts austratschen kann. Die hat einmal eine Schramme an der Stirn gehabt, und als ich sie fragte, woher das sei, sagte sie: „Die Frau hat mir einen Stiefel an den Kops geworfen." lind es war sactisch der ganze Absatz an der Stirn zu sehen. Ich fragte Wetters: „Warum hat sie Ihnen den Stiesel an den Kops geworfen?" Da gab sie zur Antwort: „Weil er schlecht geputzt war." Da können Sie sich wohl denken, daß die Behandlung der anderen Mädchen auch nicht viel besser sein wird. Ich glaube sogar, daß die Mädchen dort auch nicht in der Krankenversicherung sind.
- Vorsitzender: Werden diese Mädchen ausgedungen? — Experte Ludwig: Ich war selbst im Genossenschaftsausschuß und habe nachgesehen, ich habe nicht gefunden, daß sie ausgedungen sind.
Vorsitzender: Woher wissen Sie denn das Alles über den Betrieb? — Exp. Ludwig: Ich bin selbst in den Betrieb hingekommen, und dann habe ich von dem Mädchen, welches liefern geht, so viel als möglich zu erfahren gesucht.
Vorsitzender: Wissen Sie bestimmt, daß diese Mädchen nur .sl. 4 haben? — Exp. Ludwig: fl. 4, höchstens 5.
Dr. Schriller: Sie haben gesagt, daß die Mädchen nach zwei Jahren erst fl. 4 monatlich erhalten. Ist das nur ein einzelner Fall oder ist es allgemein so ? — Exp. Ludwig: Allgemein; das hat mir die Frau selbst gesagt, daß sie vor zwei Jahren einem Mädchen nichts zahlen kann. Diejenigen, die im Wochenlohn sind, bekommen fl. 3 bis 6 wöchentlich.
Dr. Schriller: Solche Arbeiterinnen im Wochenlohn sind also viel kostspieliger? Warum nimmt die Frau sich denn überhaupt Arbeiterinnen, die im Wochenlohn sind? — Exp. Ludwig: Das sind besser qualificirte Arbeiterinnen, die schon lange im Geschäft sind; die machen die bessere Waare.