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nimmt an, daß eine Arbeiterin nicht mehr leisten könne. Exp. Nr. 125: Ich habe oft im Sommer um 200 mehr gehabt, da hat mich eine Arbeiterin beim Herrn verklagt, daß ich um 40 kr. mehr verdiene, und der Herr hat das verboten und hat gesagt, man darf das nicht machen.

Dr. Verkauf: Das scheint mir klar zu sein, daß die Lohnverhältnisse höchst unklare sind, daß keine Arbeiterin weiß, was sie verdient und was der Accord ist. Sonst könnte das nicht vorkommen, daß die Expertinnen nicht wissen, was sie verdienen, und beim Accord von einem Maximallohn sprechen.

Vorsitzender: Wenn Sie mehr machen, so bekommen Sie nicht mehr? Exp. Nr. 125: Gezahlt muß sie es bekommen, aber der Herr darf es nicht wissen, sonst wird man in die Kanzlei geholt und wird aus­gemacht, und es heißt dann: Machen Sie die Arbeit lieber besser.

Vorsitzender: Man nimmt also an, daß die Arbeit schlecht ist.

Dr. Ofner: Es wird wohl bei den feineren Sorten von den Herren verlangt, daß sorgfältiger gearbeitet wird? Exp. Nr. 125: Ja. (Ueber Befragen des Vorsitzenden.) Mein Arbeitslocal ist im ersten Stocke. Ich arbeite vis-L-vis der Spinnerin. Da sitzen sechs Wicklerinnen und sechs Spinnerinnen an einem Tische. In unserem Saale sind solche neun Tische. Das Zimmer hat sieben Fenster Front. Die Ventilation wäre nicht schlecht. Unsere Abtheilung hat drei Aborte. Zu Mittag gehen wir manchmal nach Hause. Früh nehme ich Kaffee, am Abend kaufe ich mir irgend etwas.

Vorsitzender: Leben Sie allein? Exp. Nr. 125: Ich habe zu Bette gemiethet.

Vorsitzender: Was bezahlen Sie dafür? Exp. Nr. 125: fl. 1.

P ern er st o rser: Ist das richtig, daß zu gewissen Zeiten die Mittagspause nur eine halbe Stunde währt? Ich möchte den Herrn Vorsitzen­den bitten, daß er jede Expertin über diesen Punkt befragt, ob um 12 Uhr abgeläutet und um ^1 wieder angeläutet wird. Ist unter den Expertinnen oder Experten Jemand, der das Gegentheil weiß? Exp. Nr. l29: Bei uns am Rennweg ist eine ganze Stunde. Exp. Nr. 123: In der Roßau ist im Winter nur eine halbe Stunde.

Pernerstorf er: Sagen das alle Expertinnen aus der Roßau? Mehrere Expertinnen: Ja:

Vorsitzender (zur Exp. Nr. 12^): Sie haben Niemanden zu versorgen? Exp. Nr. 125: Nein, mein Vater, der allein ist, ist nicht bei mir.

Vorsitzender: Sind Sie in einem Vereine? Exp. Nr. 125: In einem Arbeiter-Bildungsverein.

Vorsitzender: Lesen Sie öfter Zeitungen? Exp. Nr. 125: Wir haben eine Bibliothek im Vereine.

Dr. Schiff: Ist es in der Fabrik bekannt, wenn Arbeiterinnen einem Vereine angehören? Exp. Nr. 126: Eine von uns hat einmal für Sinkende gesammelt; am Nachmittag hat es der Jnspector schon gewußt. Er hat sie holen lassen und hat ihr gesagt:Ich kannte Sie noch als Kind, ich habe Sie das zweite Mal wieder ausgenommen als Waise. Was haben Sie von dem Arbeiterverein? Die ganze Nacht schwärmen Sie herum, und da werden Sie aufgehetzt. Heute, wo es zum ersten Male ist, maßregle ich Sie nicht, weil ich Sie berücksichtige, aber das zweite Mal sind Sie entlassen."

Dr. Schiff: Ist der Betreffenden sonst nichts geschehen? Expertin Nr. 126 : Nein. Sie solle das Geld hergeben, welches sie eingenommen hatte, hat er gesagt.

Dr. Schiff (zur Expertin Nr. 125j: Haben Sie wegen Ihrer Mit­gliedschaft beim Verein einen Anstand gehabt? Exp. Nr. 125: Einmal hat mir sehr viel gefehlt. Da bin ich fechten gegangen. Da hat die Spinnerin mir den ganzen Snmatraabfall gelassen. Am anderen Tage Früh hat mich