472

eine Arbeiterin verklagt, daß ich den Suinatraabfall in der Lade habe. Ich mache die Lade auf, da kommt der Herr Werkführer her und fagt:Was haben Sie da?" Ich sage:Was soll ich darin haben; den Tabak." Jetzt sagt er:Räumen Sie aus!" Ich habe den Tabak ausräumen und zum Herrn Adjuncten bringen müssen. Um 10 Uhr habe ich erst zu arbeiten be­kommen. Ich habe den ganzen Tag nicht gewußt, was sein wird. Eine Strafe habe ich erwartet. Am Abend kommt der Herr Juspector nachschauen. Unglücklicherweise kommt er in die Kanzlei, wo der Pinkel liegt. Es war i «6 Uhr, alle Arbeiterinnen waren im Fortgehen, ich muß in die Kanzlei. Da sagt der Jnspector:Was haben Sie?" Ich sage: Mir hat so viel ge­fehlt, ich habe keinen anderen Ausweg gewußt und habe den Tabak von den Anderen genommen.Also gut," sagt er. Es war aber auch ein anderer Tabak, schlechter Tabak da, den haben wir aber zugewogen bekommen. Ein Beamter hat eine Kiste Tabak gebracht, hat den schlechten hergegeben und den haben sie daruntergemischt. Der Herr Jnspector hat gesagt, vom Sumatra will er nichts sagen, aber ich soll sagen, wo ich den Tabak her habe. Ich sage, ich komme ja nirgends hin, woher soll ich ihn haben? Er sagt:Lügen Sie mir nicht so frech in's Gesicht. Sie waren jetzt wo und haben das genommen." Ich habe mich dagegen gewehrt und gesagt, meine Mutter war ehrlich, und zum Stehlen bin ich nicht gekommen. Da sagte er:Ist es mit Ihrem Verein schon so weit, daß Sie zum Stehlen kommen? Es wird Alles zu Protokoll genommen, und Sie werden entlassen." Da haben wir einen Adjuncten gehabt, der war noch ein junger Beamter, und der hat mir gesagt, ich soll bitten, und weil ich das nicht wollte, hat er gesagt: Sie sind ein Dickkopf, gehen Sie und holen Sie Ihr Zeugniß." Die Arbeite­rinnen, welche ein Gefühl gehabt haben, haben beim Thore gewartet. Ich war ganz verweint, und da sagte er:Gehen Sie nur hinaus." Ich habe gesagt: Ich schäme mich nicht, ich bin keine Diebin, ich gehe, aber wo andershin." Er sagte mir darauf:Kommen Sie morgen wieder." Nächsten Tag bin ich wieder zu unserem Herrn Adjuncten gegangen, und da sagte er:Ich habe für Sie geredet, lassen Sie das Ganze gehen."Herr Adjunct," sage ich,Sie wissen, daß wir den Tabak so fassen. Sie haben es hundertmal schon gesagt, die Kiste wird bald gar sein, und Sie lassen das auf mir, daß ich gestohlen habe. Sie als Beamter können eher reden." Er hat auch für mich gesprochen, und sie haben mich drei Tage spazieren geschickt, daß ich nicht entlassen werde. Jetzt bin ich bereits acht Jahre in der Arbeit, und wenn ich mich beklagt habe, weil mir jüngere Arbeiterinnen vorgezogen werden, so sagt der Herr Adjunct:So einem Wildling, wie Sie, kann man das Spinnen nicht geben."

Exp. Nr. 123: Auch mir ist mit der Maßregelung gedroht worden. Ich habe vor der Arbeitszeit im Hofe mit einer Collegin gesprochen darüber, daß unsere Leute sich nicht in die Organisation bringen lassen; wir haben über den Druck gegen die Arbeiterinnen und über den drückenden Lohn ge­sprochen. Da hat man mich verklagt. Es sind mehrere Zeugen gerufen worden, da hat mir zum Schlüsse der Herr Adjunct gesagt, ich solle Arbeitersachen nicht hereinziehen, und dieArbeiter-Zeitung" darf er bei mir nicht sehen, sonst wäre er gezwungen, die Anzeige zu machen. Auch der Herr Werk­führer hat mir ein paar Mal damit gedroht.

Dr. Ofner: Wem unterstehen Sie? Exp. Nr. 124: Es ist ein Werkführer, dann kommt der Herr Adjunct, der ist aber beim Werksührer nichts, denn dieser sagt immer:Ich werde Sie zum Herrn Jnspector führen."

Dr. Ofner: Sind die Herren Ihnen gegenüber grob? Expertin Nr. 125: Manchmal ist es noch zum Mitnehmen, manchmal aber hört man:Halten Sie die Pappen!"