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Wir wollten den Doctor holen, der war nicht da. Was ihr fehlte, hat man nicht gewußt. Sie hat über Schmerzen gejammert und hat Gebärmutter- krämpfe bekommen. Man hat sie aber dann, ohne daß der Doctor da war, nach Hause geschickt. Am Nachmittag ist der Dr. Stenzel gekommen. Er hat gesagt, es wird schon besser werden, und hat ihr etwas verschrieben. Es ist aber nicht vergangen. Die Krämpse haben 42 Stunden gedauert, und in der Zeit sind Entzündungen entstanden. Er hat ihr einen Kramperlthee verschrieben und Stuhlzapfen, um die Schmerzen zu lindern, sie sind aber nicht gelindert worden. Ich habe einen anderen Arzt geholt, den ich natürlich bezahlen mußte, und er hat ihr etwas um 36 kr. verschrieben, und der Frau war geholfen. Aber in diesen 42 Stunden war die Krankheit entstanden, und es hat 13 Wochen gedauert, bis ihr besser geworden ist. In den 13 Wochen sagte der Dr. Stenzel, sie kann aufstehen, sie soll zu ihm in die Ordination kommen. Sie geht zu ihm, kommt nach Hause, wird recidiv und ist wieder gelegen.

Dr. Osner: Sie haben also neben diesem Doctor noch einen zweiten Arzt geholt? Exp. ll: Ja, weil der Erste nicht gekommen ist, wie ich ihn darum ersucht habe.

Dr. Osner: Hat die Frau das Krankengeld bekommen? Exp. L: Bis zur 18. Woche. Dann hat man gesagt, sie muß arbeiten gehen; sie konnte aber nicht.

Dr. Osner: Wie lange war sie noch krank, ohne Krankengeld zu erhalten? Exp. ll: Drei Wochen; da hat sie einenUrlaub" gehabt. Sie hat den Beitrag zur Krankencasse zahlen müssen.

Vorsitzender: Dieser Urlaub besteht also darin, daß die Kranken kein Krankengeld bekommen, nicht zu arbeiten brauchen und nicht entlassen werden. Exp. U: Ist ein Patient über 20 Wochen krank, so wird er entlassen.

Dr. Verkauf: Wenn nach den 20 Wochen der Tod eintritt? Exp. L: Dann bekommen die Angehörigen nichts.

Dr. Verkauf: Das Ministerium des Innern entscheidet aber für andere Krankencassen, daß das Leichengeld zu geben ist. Exp. R: Das ist hier nicht der Fall.

Mittel shöfer: In welchem Falle wird ein Krankenurlaub ge­geben? Exp. U: Wenn der Patient aufsteht und ein bischen im Zimmer herumgehen kann, so sagt der Doctor:Nehmen Sie sich einen Urlaub", denn er spart nur für das Institut.

Wittelshöfer: Wenn der Patient also noch nicht arbeitsfähig ist, so sagt der Arzt:Gehen Sie nicht in die Fabrik, aber nehmen Sie sich einen Urlaub." Exp. ll : Er sagt:Gehen Sie arbeiten." Der Kranke kann aber nicht arbeiten und muß zu Hause bleiben.

Wittelshöfer: Das ist innerhalb der 20 Wochen? Exp. U: Ja; wenn es aber auch nur drei bis vier Wochen dauert, und wenn in der dritten Woche der Krankenvater kommt und controlirt und findet den Patienten außer Bett, so meldet er das, und der Betreffende wird gestrichen und bekommt kein Krankengeld. Er muß in die Arbeit gehen oder einen Reconvalescenten-Urlaub nehmen.

Wittelshöfer: Wenn Einer 20 Wochen krank war, kann er da noch einen Urlaub bekommen? Exp. R : Er bekommt den Urlaub, sein Krankengeld muß er zahlen.

Dr. Schwiedland: Was ist der schon mehrmals erwähnte Krankenvater? Exp. U: Das ist ein Aufseher.

Dr. Schwiedland: Wie alt? Exp. L: 38 Jahre.

Dr. Schwiedland: Der schaut in den Wohnungen nach? Exp. R: Ja.

Vorsitzender: Bekommen Diejenigen, welche im Taglohn stehen,