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Vorsitzender: Aus welchen Kreisen sind die Arbeiterinnen? Exp. Nr. 141: Lauter Arbeiterkinder. Lehrmädchen gibt es bei uns nicht. Wenn Eine lernt, braucht sie nur zwei, drei Tage.

Vorsitzender: Wer zeigt es ihr? Exp. Nr. 141: Eine von den Arbeiterinnen, die dafür gezahlt werden. Diejenige, die lernt, ist im Taglohn, und diejenige, die unterrichtet, ist im Accord. Die kann nebenbei ebensoviel arbeiten als sonst.

Vorsitzender: Haben Sie eine Arbeitsvermittlung? Expertin Nr. 141: Die Leute werden vom Portier aufgenommen. Früher hat jeder Meister aufgenommen. Seit neuester Zeit macht das der Portier.

Vorsitzender: Ist der Wechsel stark? Exp. Nr. l41: O ja, besonders seit der neue Centraldirector da ist. Der möchte die alten Arbeite­rinnen alle draußen haben; ich weiß nicht warum. Er hat eine Antipathie gegen die Arbeiter und Arbeiterinnen, die unter dem früheren Director ge­arbeitet haben. Wenn Einer sagt, früher war das so oder so, so wird er gleich wild und sucht den Betreffenden hinauszudrängen. Der Wechsel ist so groß, daß die eintretenden Leute bald die Lust verlieren und fortgehen. Das kommt besonders im Sommer vor. Im Winter bleiben die Leute. Der Wechsel ist am größten unter den jugendlichen Arbeiterinnen.

Vorsitzender: Ist der Wechsel auch durch Erkrankungen hervor­gerufen? Exp. dir. 141: Krankheiten kommen oft vor, und die Meisten fürchten sich, lange dort zu bleiben.

Vorsitzender: Kommen die Erkrankten nicht wieder zurück? Exp. Nr. 141: O ja.

Vorsitzender: Sind vor dem Fabriksthor viele Arbeiterinnen angesammelt, die auf Arbeit warten? Exp. Nr. 141: Ja. Um 6 Uhr Früh ist oft Niemand da, die Meisten kommen um V-7 oder 7 Uhr, weil da der Doctor kommt, der Jeden untersucht.

Vorsitzender: Am ganzen Körper? Exp. Nr. 141: Er schaut sie blos an. Wenn Eine gesund aussieht, nimmt er sie.

W.itt elsh öfer: Wie bestimmt der Portier, wer aufgenommen wird? Exp. Nr. 141: Bei den Jüngeren wird nicht gefragt. Vom Lohn wird ihnen nichts gesagt. Wo Jemand fehlt, wird die Neue hingeführt.

Wittelshöfer: Wonach entscheidet er sich? Exp. Nr. 141: Ob eine gut und stark gebaut ist. Nur im Nothfall nimmt er auch schwächere.

Wittelshöfer: Gibt es da keine Protection? Exp. Nr. 141: Das könnte ich nicht sagen. Der jetzige Portier ist ganz neu. Wenn Jemand in eine andere Abtheilung will, so ersucht er den Meister selbst.

Engel: Woher sind die Mädchen, die sich da melden? Expertin Nr. 141: Meistens aus Böhmen, auch aus Schlesien, Mähren und aus der Umgebung von Wien. Es sind meist Fabriksarbeiterinnen.

Vorsitzender: Wann beginnt die Arbeit? Exp. Nr. 141: Sie ist von 6 bis 6 Uhr, Sommer und Winter gleich.

Vorsitzender: Wie ist die Beleuchtung? Exp. Nr. 141: Wir haben elektrisches Licht. Seit einiger Zeit wird es aber nicht verwendet. Die Maschine ist weggeräumt worden, weil sie schlecht functionirt hat. Jetzt arbeiten wir bei Gas, und zwar bei offenen Flammen.

Vorsitzender: Gibt es Pausen? Exp. Nr. 141 : Seit dem Strike der Spinnerinnen haben wir eine Viertelstunde Frühstücks- und Jausenpause, Mittags eine Stunde. Es kommt aber sehr oft vor, daß es heißt:Heute müßt Ihr zur Frühstücks- oder zur Jausenzeit arbeiten. Ihr dürft dafür eine Viertelstunde früher nach Hause gehen." So kam es auch vor einigen Wochen vor. Wir glaubten, daß wir um ^76 Uhr nach Hause gehen können, durften aber nicht vor 6 Uhr gehen. Die Woche nachher