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vor dem Strike vom Director den alten Preistarif verlangt, und er hat ihn uns auch gegeben. Wir haben ihn aber nur kurze Zeit gehabt. Dann hat er ihn wieder in die Kanzlei hinaufgenommen, und es sind wieder viele Nummern abgeändert worden. Manche Sorten haben andere Namen be­kommen, und wir haben nicht mehr gewußt, was wir verdienen.

Vorsitzender: Wechselt das so stark? Exp. Nr. 142: Wenn wir den Tarif nicht in der Werkstätte haben, können wir uns nicht aus­rechnen, was wir zu bekommen haben.

Vorsitzender: Was verdienen Sie in der Woche? Expertin Nr. 142: Das ist nicht gleich. Wenn das Material gut ist und die ganze Woche fleißig gearbeitet wird, verdiene ich fl. 0 bis 7. Das sind die besseren Arbeiterinnen. Die schlechteren müssen sich mehr plagen und verdienen höchstens fl. 3, auch nur fl. 5.

Vorsitzender: Kommen auch Strafen und Abzüge vor? Ex­pertin Nr. 142: Manchmal. Wenn Eine zu lang am Abort bleibt, wird sie gestraft. Wenn man zu spät kommt, darf man erst um V«8 Uhr hinein. Wenn das öfter vorkommt, wird man noch separat bestraft.

Vorsitzender: Wie ist Ihre Ernährung? Exp. Nr. 142: Ich esse jetzt im Wartesaal, weil ich weit von der Fabrik wohne. Wenn vom Tag vorher etwas übrig bleibt, nehme ich's in die Fabrik mit. Meist esse ich Zuspeise; Rindfleisch selten.

Vorsitzender: Wie theuer zahlen Sie das Fleisch? Expertin Nr. 142: 30 bis 32 kr. für 40 Deka.

Vorsitzender: Haben Sie Gelegenheit, das Essen zu wärmen? Exp. Nr. 142: Im Winter können wir es im Speisesaal wärmen. Es sind Oefen dort.

Vorsitzender: Was essen Sie, wenn Sie nichts mitnehmen? Exp. Nr. 142: Dann kaufe ich mir ein Butterbrot oder Zuspeise.

Dr. Frey: Sie haben gesagt, daß die älteren Arbeiterinnen fl. 5 bis fl. 6 verdienen. Was verdienen die jüngeren? Exp. Nr. 142: Eben­soviel, wenn sie gut arbeiten.

Baronin Vogelfang: Wird es Ihnen vorhergingt, wenn der Preis­tarif geändert wird ? Exp. Nr. 142: Nein. Einmal heißt ein Garn so und dann wieder so. Bald ist es ein Achtergarn, bald ein Sechser oder Siebener. Dadurch wissen wir nicht, was wir gezahlt bekommen.

Vorsitzender: Welche Wohnung haben Sie? Exp. Nr. 142: Zimmer, Küche und Cabinet. Ich habe zwei Kinder. Die sind schon groß. Der Sohn ist zu Hause, und die Tochter ist im Dienst. Wir wohnen zu Tritt und zahlen sl. 10. Die Wohnung ist in Simmering. Es ist keine Fabrikswohnung.

Vorsitzender: Gönnen Sie sich Vergnügungen? Exp. Nr. 142: Sehr selten. Hie und da gehen wir ein paar Stunden in's Freie, meistens arbeite ich zu Hause.

Vorsitzender: Wird Ihnen für die Unfallversicherung abgezogen? Exp. Nr. 142: Ja, aber es wird nicht separat abgezogen.

Vorsitzender: Wie viel? Exp. Nr. 142: Wir zahlen zusammen 10 kr., das ist nicht in jeder Abtheilung gleich.

Vorsitzender: Das kann nicht für die Unfallversicherung sein. Exp. Nr. 142: Wir wissen das nicht bestimmt. Es hat geheißen, daß ein oder zwei Kreuzer pro Woche auf die Arbeiterin kommen.

Dr. Ofner: Wie benimmt sich der Vorgesetzte? Exp. Nr. 142: Wir können nicht klagen. Grob ist er nicht. Er hat nur den einen Fehler, daß er die Mädeln aus dem Abort holt. Das ist etwas, was uns nicht gefällt. Wenn Eine schon länger draußen bleibt, so könnte er ja eine andere Arbeiterin schicken. In Bezug auf die Sittlichkeit können wir uns nicht beschweren.