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wenden sich im Anfang die Mädchen, welche aus Böhmen kommen, und lassen sich dort ausnützen. Sie sind aber froh, daß sie sich im Tag doch fl. 1 verdienen.
Vorsitzende: Womit verdienen sie fl. 1 ? — Exp. Nr. 159: Mit Dessin nicht, sondern mit Monogrammen.
Vorsitzende: Was kann Eine im Tag mit Dessin verdienen? — Exp. Nr. 159: 60 bis 70 kr. Das ist sehr viel, aber die Dessinarbeit hat in Wien aufgehört, es wird Alles fortgeschickt.
Vorsitzende: Wird auch noch wo anders als in Böhmen gearbeitet?
— Exp. Nr. 159: Auch in Ungarn und in der Schweiz, aber weniger; die böhmische Arbeit ist sehr beliebt, weil sie sehr schön ist.
Vorsitzende: Haben Sie die Wahrnehmung gemacht, daß durch die Zunahme der Maschinstickerinnen den Handstickerinnen geschadet wird?
— Exp. Nr. 159: Ja, sehr viel.
Vorsitzende: Wie lange ist das? — Exp. Nr. 159 : Seit ungefähr vier bis fünf Jahren.
Vorsitzende: Es lassen aber doch viele Damen mit der Hand arbeiten? — Exp. Nr. 159: Die besseren Damen lassen sich nichts tam- bouriren, aber die gewöhnlichen Leute lassen sich ein großes Monogramm um 4 bis 5 kr. tambouriren.
Vorsitzende: Und die Schlingerei? — Exp. Nr. 159: Das hält sich weniger. Das wird immer wieder mit der Hand gemacht.
Vorsitzende: Werden in den Ausstattungsgeschäften anch Arbeiten an Damen gegeben, die nicht wollen, daß man von ihnen weiß, daß sie arbeiten, z. B. an Äeamtenfrauen? — Exp. Nr. 159: Das kommt in den Geschäften vor, für welche ich arbeite. Es arbeiten aber nur Officiersfrauen; die nehmen sich ein Dienstmädchen mit, welches den Pinkel trägt, und gehen rückwärts hinein in das Geschäft. Die arbeiten sehr billig und verderben sehr den Preis.
Vorsitzende: Warum arbeiten sie billiger als die Anderen? — Exp. Nr. 159: Weil es für sie nur ein Nebenverdienst ist. Sie arbeiten oft ganz hübsch, aber wenn man solchen Damen nicht gleich Arbeit gibt, arbeiten sie dann billiger. Man kann sich auch aus sie nicht verlassen, wenn ihnen die Arbeit nicht gelegen kommt, lassen sie es auch stehen.
Dr. Ofner: Ist denn die Waare so schwer, daß ein Dienstmädchen das tragen muß? — Exp. Nr. 159: Eine solche noble Dame wird doch nicht einen Pinkel tragen; es ist oft ein großer Pack.
Dr. Adler: Ist es nicht möglich, daß Sie irren? Vielleicht tragen diese Damen Arbeiten hin, um sie dort machen zu lassen? — Expertin Nr. 159: Da würden sie aber beim Laden hineingehen, warum gehen sie dann in die Manipulation?
Expertin Nr. 160: Ich mache kleine Monogramme und Schlingerten ; ich habe immer nur für Private gearbeitet, beschäftige aber auch zwei Näherinnen. Ich selbst nähe seit meiner Jugend, habe es regelrecht gelernt und bin eine sehr geübte Weißnäherin.
Vorsitzende: Machen Sie Weißnähereien auch für Geschäfte? — Exp. Nr. 160: Nur für Private, weil man da besser daran ist.
Vorsitzende: Was Pflegen Sie für einen Meter Schlingerei zu bekommen? — Exp. Nr. 160: 80 kr. per Meter für die Schlingerei mit Muster. Dazu braucht man einen Tag. Da muß man aber fleißig sein und von 8 Uhr Früh bis 7 Uhr Abends arbeiten. Zu Mittag esse ich dort; ich lasse mir etwas holen, um keine Zeit zu versäumen.
Vorsitzende: Uebernehmen Sie Monogramme? — Expertin Nr. 160: Nein, Knopflöcher auch nicht.
Vorsitzende: Wissen Sie von Ihnen bekannten Stickerinnen, was sie in Geschäften bekommen? — Exp. Nr. 160: Für solche Stickereien,