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Dr. Verkauf: Sie wissen aber, daß in den kleingewerblichen Werkstätten eine gesetzliche Arbeitszeit nicht besteht? — Exp. Fischl: Das weiß ich nicht.
Dr. Verkauf: Dann befanden Sie sich in Irrthum.
Wittelshöfer: Sie sagen: „es ist von der Witterung abhängig"; wollen Sie das näher auseinandersetzen. — Exp. Fischt: Wie sich die Saison gestaltet. Heuer hat z. B. die ganze Confectionsbranche eine sehr schlechte Saison in Sommerwaare. Dadurch werden wahrscheinlich auch bei den Arbeitern Ausfälle eintreten, während wir sonst gewöhnlich Sommerwaare fort arbeiten bis zur Wintersaison, das ist bis Mitte Mai.
Wittelshöfer: Geben Sie dem Meister das zugeschnittene Stück?
— Exp. Fischl: Theils das zugeschnittene Stück, theils etwa 30 bis 60 Meter und sagen ihm, daraus habe er eine bestimmte Anzahl von einer Fa^on und eine bestimmte Anzahl von einer anderen zu machen. Wir haben schon vorher ausprobirt, wie viel Meter er ungefähr benöthigt.
Wittelshöfer: Was macht der Stückmeister mehr als die Arbeiter in Ihrer Werkstätte? — Exp. Fischl: Die Arbeit ist die gleiche, nur daß unsere Arbeiter das Stück von uns im Hause immer zugeschnitten bekommen — wir haben nämlich für jede Werkstätte einen eigenen Zuschneider, der ein selbstständiger Mann ist und auch die Arbeitslöhne für die einzelnen Arbeiter bestimmt — während der Stückmeister, der ein Meister für sich ist, die übernommenen Stosse selbst zuschneidet und die Arbeit an seine Leute vertheilt. Er macht also eventuell für uns die Mehrleistung des Zuschneidens. Zuthaten hat er nicht zu geben, außer wenn wir z. B. bei Wintersachen zu wenig Watta hergegeben haben. Nur Zwirn und die Maschinen muß er selber beistellen. Die anderen Ausgaben dürften verschwindend klein sein.
Wittelshöfer: Wie verhält sich der Betrag, den Sie dem Stückmeister zahlen, zu dem Lohne, den Sie dem Arbeiter in Ihrer Werkstätte geben? — Exp. Fischt: Er bekommt ungefähr um 10 Percent mehr als uns seine Arbeit in der Werkstätte kosten würde, denn wir haben ja eine große Regie. Das ist übrigens nicht gleich; es ist ein freies Ueberein- kommen. Der Meister bekommt das vorgelegte Stück, von welchem wir genau wissen, was man dafür an Arbeitslohn bezahlen kann. Er verlangt z. B. fl. 3. Nun wissen wir aber genau, daß man es uns um fl. 2 V, macht, da gehen wir nun die goldene Mittelstraße und geben ihm fl. 21«. Das gilt dann für die ganze Saison.
Wittelshöfer: Sie zahlen also dem Meister ungefähr das, was es Ihnen in Ihrer Werkstätte kostet plus einem Zuschlag von 10 Percent?
— Exp. Fischl: Das ist nicht ganz genau, es kann mehr und auch weniger sein.
Wittelshöfer: Wenn Sie also auf die Arbeit in Ihrer Werkstätte selbst noch große Regie haben und den Lohn des Zuschneiders zahlen müssen, dagegen der Zwischenmeister für die von Ihnen übernommenen Arbeiten die Kosten für gewisse Zuthaten, für Beleuchtung, Wohnung zu tragen hat, glauben Sie, daß der Meister im Stande ist, dieselben Löhne zu zahlen wie Sie, wenn er 10 Percent Aufschlag erhält? — Experte Fischl: Er bezahlt so wie ich. Ich weiß, es kommt jede Arbeiterin, wenn sie fleißig ist, aus mindestens fl. 7. Wir bezahlen Arbeiterinnen auch fl. 17 pro Woche. Ich gebe nur die Minimalziffer an, und diese ist, so viel mir bekannt ist, bei sechstägiger Arbeit fl. 7.
Wittelshöfer: Es handelt sich nur um das Princip, ob der Meister die Möglichkeit hat, wesentlich niedrigere Löhne zu zahlen, als Sie selbst, und ob nach der ganzen Darstellung auch anzunehmen ist, daß er wirklich niedrigere Löhne zahle. — Experte Fischl: Ja, ich muß aber beifügen, daß, wie wir Löhne bis fl. 16 zahlen, auch beim Stückmeister