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geiz, die Eitelkeit, die Ruhmsucht siud der Anlaß, daß die Schauspielerinnen leichter Opfer bringen, sagen wir, Opfer anbieten, als irgend eine andere Person in bürgerlichen Verhältnissen; das ist mit dem Beruf eng verknüpft. Außer den erwähnten Factoren sind aber noch andere da. Wenn ich als Dame mich durch eine prächtige Toilette auszeichnen kann, so ist das dem Director nicht unangenehm; ich falle auf. Von den fl. 45 Gage kann ich keine Brillanten, kann ich keine Brocatkleider tragen. Ich sage nicht: ich biete mich an, aber ich bin doch nicht so zurückhaltend, wie jemand anderer, der es zu seinem Fort­kommen nicht nothwendig hat. Das liegt eben im Berufe, in der Ruhmsucht, unter Umständen auch im Neide, in dem Vordrängen vor Andern. Es ist richtig, daß gerade die Mittelmäßigkeit sich vordrängt. Es ist ganz natürlich, daß Diejenigen, die durch Talent hervorzutreten im Stande sind, jenes nicht zu thun brauchen und auch nicht thun. Das niedrige Element also drängt sich unter Umständen vor und bietet sich an, und ich möchte sagen: in dieser Richtung ist das Angebot größer als die Nachfrage.

Dr. Rauchberg: Wir haben unter diesen Ursachen eine nicht gehört, die sehr weit verbreitet zu sein scheint, das ist die Noth. Diese un­glaublich niedrigen -Gagen reichen ja für die elementarsten Lebensbedürfnisse nicht aus. Exp. Niedt: Da haben Sie sehr recht.

Dr. Rauchberg: Sie sagen, daß das Streben nach Carriere maßgebend ist, aber ist nicht ein großer Theil der Theaterangestellten geradezu auf die Prostitution angewiesen? Exp. Niedt: Ich möchte sagen, wenn direct Anforderungen an die Toilette der Damen gestellt werden, wie es auf vielen Bühnen geschieht, so kann es gar nicht anders sein.

Dr. Rauchberg: Bei einer Gage von 20 Kronen monatlich braucht man ja nicht einmal große Toilette-Anforderungen zu stellen; das reicht ja nicht einmal für die Nahrung aus. Exp. Niedt: Es kommt aber vor, wie Sie gehört haben, daß unter Umständen Mädchen während ihrer Lehrzeit Unterstützungen erhalten. Ich gebe Ihnen aber auch hier die feste Versicherung, daß das Angebot größer ist als die Nachfrage, und wenn eine Anfängerin zum Theater kommt, so ist es ihr ja sehr schwer, dem Director, wenn er ihr zumuthet, das Alles für die Gage zu thun, nein zu sagen. Jedenfalls ist es den Directoren in den meisten Fällen recht angenehm, wenig zu zahlen und sich damit zu begnügen, daß sie sagen:Ich habe es ja nicht verlangt, man hat es mir so angeboten."

Dr. Ofner: Herr Experte haben von einem Entgegenkommen seitens der Damen gesprochen, welches gern angenommen wrrd'; wird aber nicht manchmal oder sogar öfter von Regisseuren oder Directoren geradezu eine directe Forderung gestellt, widrigens die Schauspielerin nicht zur Geltung ge­bracht, ihr keine Rolle gegeben wird u. s. w. ? Exp. Niedt: In dieser brutalen Form glaube ich das kaum; das wäre ja die brutalste Form, die man sich denken könnte; das wäre eine europäische Sklaverei nach jeder Richtung. Als durchgehends geltend, muß ich das bestreiten. Ich bin auch Oberregisseur seit so und so viel Jahren, und wollen Sie gefälligst nach­fragen mein Lebenslauf liegt klar vor ob das jemals von mir ge­schehen ist. Ich kann mir nicht einbilden, daß ich der einzige anständige Mensch beim Theater bin; es gibt außer mir auch noch anständige Directoren und Regisseure, die sich derartige Sachen in dieser brutalen Form nicht er­lauben werden; daß es auch Andere gibt, gebe ich gern zu, aber in welchem Stande kommt keine Brutalität vor, in welchem Stande wird die Stellung nicht mißbraucht, die der Zufall gegeben hat? Deswegen darf man nicht ge­rade aus das Theater einen solchen Stein werfen.

Wittelshöser: Sie haben hauptsächlich das ideale Moment des künstlerischen Ehrgeizes als Beweggrund hervorgehoben, das wird aber nur für einen Theil gelten. Kommt es nicht auch vor, daß anderseits Mädchen,