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sich fortzubilden, wollte kein fleißiges, strebsames Wesen zurückhalten von neuen Versuchen. Im Allgemeinen muß ich aber sagen, daß den Arbeiten junger Mädchen die nöthige Reife fehlte, ferner die erforderlichen päda­gogischen Grundsätze und pädagogischer Takt. Es ist nicht so leicht Jugend­schriftsteller zu sein, als man sich zuweilen denken mag.

Für Kinder ist das Beste gut genug!" lautet eine gewichtige Stimme, ich füge hinzu: Für die Jugend soll man so gut zu arbeiten streben, als arbeite man für Erwachsene; aber man muß sich bewußt sein, daß man Schranken einzuhalten hat, denn die Jugend soll in ihren Schranken bleiben. Kinder soll man kindlich erhalten, indem man jedoch sie zu der Gedankenwelt der Erwachsenen heranreifen läßt, darum soll ihnen nichtKindisches" geboten werden. Einen Grundsatz möchte ich wohl aufstellen:Jeder Jugendschriftsteller sollte Erzieher sein; aber freilich ist nicht jeder Erzieher Schriftsteller."

Der Schriftsteller muß Talent haben. Nun ist aber auch gewiß, daß kein junges Mädchen annehmen darf, daß sie Schriststellertalent habe, weil ihre Aufsätze in der Schule belobt wurden, oder weil sie mit Leich­tigkeit Briefe an ihre Freundinnen schreibt. Viele junge Mädchen möchten sich ein Taschengeld erwerben, das ist wohl recht lobenswerth; aber dieser Wunsch darf nicht zum Schriftstellern verleiten, darf nicht den Gedanken geben: Kindergeschichten sind geschwind geschrieben und bringen Einnahme. Eben so wenig als es Hauptaufgabe des Brodes ist, den Bäcker reich zu machen, eben so wenig ist es Hauptaufgabe der Kinder­schrift, ihrem Verfasser eine Einnahme zu verschaffen; das Brod soll vor allen Dingen dem Menschen, der es genießt, Lebenskraft geben; das Kinderbuch soll des jungen Lesers Verstand und Herz bilden helfen.

Ich möchte meinen Leserinnen, denen namentlich, welche meine Wege zu gehen wünschen, einen Dienst leisten; vielleicht geschieht dies am besten, indem ich ihnen einige Stellen eines Briefes mittheile, der an mich einst zu meiner Belehrung geschrieben wurde. Ein Freund unseres Hauses, ein hochgeachteter Gelehrter, Professor und Jugendlehrer, interessirte sich freundlich für meine Arbeitslust; ich hatte ihm offen meine Wünsche, auch meine Scheu aufzutreten, ausgesprochen, zugleich ihm einige Aufsätze zugeschickt. Was er mir geantwortet, hat mir außerordentlichen Nutzen gebracht, es war eben der Brief, aus dem ich die oben erwähnten Stellen zum Besten meiner jungen Freundinnen mittheilen will. Was daran mangelhaft oder als Bruchstück erscheint, bitte ich zu entschuldigen, es