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Welch' ein neuer furchtbarer Schreck für die arme Marianne! Als sie nun genauere Kunde über die Abfahrt dieses Fahrzeugs einzog,

. erfuhr sie indessen, daß dasselbe am 3. Mai 1812 den Hafen verlassen hatte; sie erinnerte sich aber genau, daß ihre Jenny am 5. Mai in Plymouth angekommen sein müsse. Wenn also das Schiff zwei Tage früher abgesegelt war, so war ja das Kind gar nicht mitgekommen! wo aber war es alsdann geblieben? Marianne rang die Hände vor Verzweiflung! Die Umstehenden hatten Mitleid mit ihr und ließen sich die Sache genauer erzählen. Da erinnerten sich einige Personen, von einem fremden, kleinen Mädchen gehört zu haben, welches um jene Zeit von einem menschenfreundlichen Herrn angenommen worden sei. Man rieth dem jungen Mädchen zum Oberbürgermeister zu fähren, wo sie ohne Zweifel nähere Kunde über diese Begebenheit erhalten würde.

Marianne nahm eine Miethkutsche und ließ sich dorthin fahren. Herr Willis ward ihr bei dem Bürgermeister als derjenige genannt, welcher der kleinen verlassenen Reisenden treuer Vater geworden. Das Herz Mariannens erhob sich im heißesten Dank zu Gott für seinen erbar­menden Beistand! Sogleich fuhr sie weiter zu der ihr bezeichneten Wohnung.

Sie verlangte Herrn Willis zu sprechen. Er war nicht zu Hause. Fräulein Lida empfing sie in der Kinderstube, umringt von der kleinen Schaar. Als Marianne unter ihnen Jenny Randon erblickte, größer und blühender als zuvor, da kniete sie an der Schwelle der Thüre nieder und streckte ihre Arme aus, indem sie dieselbe beim Namen rief. In einem Nu war Jenny aufgesprungen, stürzte zu ihr hin und umschlang ihren Hals mit ihren Aermchen.Marianne, meine Marianne! warum bist Du so lange fortgeblieben?" rief sie und küßte sie immer wieder. Die übrigen Kinder schlichen heran und betrachteten mit Verwunderung diesen Auftritt.

Fräulein Lida Willis forderte nun Marianne auf, sich zu ihr zu setzen; und diese erzählte ihr darauf, daß die Rückkunft des Obersten Randon in den nächsten Tagen zu erwarten stände. Also sollte Jenny's Traum, ihre kindliche Ahnung zur Wahrheit werden! Von nun an war der tägliche Spaziergang der Kinder nach dem Hafen gerichtet; Vater Willis begleitete sie jedesmal, sowie auch Marianne Hills, welcher ' Fräulein Lida ein Stübchen in ihrem Hause eingeräumt hatte. Mari- ' anne hatte mehrere Kleinodien mitgebracht, die der Mutter des Kindes