36

so wurde sie auch wieder ruhig und lernte die Kunst sich selbst die Zeit zu vertreiben, sie spielte mit ihren kleinen Fingern, beobachtete Fliegen und Spinnen in ihrem Geschäftsleben und übte sich in Geduld: sie lernte warten wenn sie hungrig war, lernte warten bis sie ein menschliches Wesen zu sehen bekam, wenn ihr bange werden wollte. Elschen erzählte später von den Dingen, die ihr in frühester Kindheit Beschäftigung und Zeitvertreib gewährten. Nahe dem Walde, in welchem der Kohlenbrenner lebte, war ein Marktflecken, er war reich gesegnet mit Kindern und im Sommer nannte ihn einst der Schullehrer einen Ameisenhaufen, weil um die warme Zeit die ganze Kinderschaar in Haufen zusammenlief und umher wirbelte wie die Ameisen. Der Vergleich war freilich nicht ganz richtig: die kleinen wunderbaren Thierchen wirbeln zwar vor den Blicken der Menschen scheinbar wild umher, aber sie sind in Wahrheit nicht wild und unstätt, sie arbeiten nach strengen Gesetzen, nie eines dem anderen in den Wegtretend, störend oder gar verletzend; bei den Kindern war es anders: sie arbeiteten nicht, sie wirbelten wild und unstätt umher, sie traten einander oft in den Weg, nicht blos störend, sondern mit unliebsamen Reden, mit Faustkämpfen, welche blutige Nasen und Köpfe und heillosen Lärm nach sich zogen und denen oft Stock und Ruthe der Väter und Mütter ein Ende machen mußten.Das ist eine wilde Bande," sagten Pfarrer und Schullehrer und der Schullehrer seufzte tief, wenn wieder ein paar Kinder, die das schulpflichtige Alter erreicht hatten, ihm zugeführt wurden, und der Pfarrer seufzte nicht minder tief, wenn die Schulkinder so weit waren zum Confirmandenunterricht zugelassen zu werden; die ersten sechs Jahre im Ameisenhaufen des Marktfleckens verdarben die junge Ge­sellschaft in Grund und Boden. So war es lange Jahre im Marktflecken zugegangen, bis Johanna, des Schullehrers Schwester, die eine Freundin im Steinthal in den Vogesen besucht hatte, herüber kam und von Ober- lin's und seiner treuen Magd Liebesdiensten erzählte. Was Oberlin und seiner Magd gelungen war an der heranwachsenden Bevölkerung des Steinthales, das mußte ja auch in diesem Marktflecken gelingen, und Jo­hanna, des Schullehrers Schwester, versammelte die allerkleinsten Kinder des Ameisenhaufens um sich und es entstand nach und nach eine Klein­kinderschule unter ihrer Leitung.

Der Kohlenbrenner und seine Frau besuchten eines Tages im Markt­flecken den Jahrmarkt, ihre kleine Elfe, damals schon drei Jahre alt, wanderte mit ihnen hinein. Die Jahrmarktsbuden, und die Leiermänner,