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Trudchen," meinte Franz,erst hast Du es viel schöner erzählt und viel länger!"

Der folgende Tag war weniger stürmisch. Gertrud, nachdem sie ihre häuslichen Pflichten besorgt hatte, sah noch einmal die Sachen durch für die Familie Müller und fügte von den ihrigen hinzu, was sie für gut fand. Dann nahm sie einen großen Korb und füllte ihn mit allerlei Lebensmitteln, als: Reis, Grütze, Kaffee, Butter, Zucker und andern guten Dingen. Als Fränzchen aus der Schule kam, war sein erster Weg zu Gertrud.Wir gehen doch bald zu Müllers, Trudchen?"Ja mein Kind, heute Nachmittag, wenn Du aus der Schule kommst!"Ach, ich habe ja gar keine Schule, es ist ja Mittwoch, da gehen wir doch gleich nach Tisch?" Franz erhielt nun eine bejahende Antwort und sprang munter fort, legte die Schulsachen hübsch bei Seite und ging mit vielem Eifer an das Aussuchen der Spielsachen für Müllers. Den ganzen Tisch im Spielzimmer hatte er schon vollgepackt, als Gertrud erschien, lächelnd Einiges auswählte und das Andere wieder fortpacken hieß. Nach dem Essen nahm Gertrud den großen Korb an den Arm. Fränzchen trug die Spielwaaren und das Bündel Kleidungsstücke.Warum läßt Du Dir denn den großen Korb nicht hintragen, das könnte ja Line thun oder Anton!"Ja, lieber Franz, das könnten sie wohl, aber ich thue es lieber allein, es braucht nicht Jeder zu wissen, wenn man Etwas giebt! Du mußt auch Niemand erzählen, daß Du Müllers Spielsachen schenkst." Warum denn nicht Trudchen?"Wenn man Gutes thut, hast Du ja neulich auch gelernt, dann' soll die linke Hand nicht wissen, was die rechte thut! Das heißt so viel, daß wenn Du etwas giebst, sollst Du nachher nicht mehr daran denken und gegen Niemand damit prahlen, sonst ist es dem lieben Gott kein wohlgefälliges Werk!" Bei diesem Gespräch waren sie durch den Garten gegangen und traten in den des Nachbars. Sie gingen einen breiten Weg darin hinunter, an dessen Seiten mit Obst­bäumen bepflanzte Rabatten lagen. Dann kamen sie an einem großen, weißen Gebäude vorbei, das der Besitzer des Grundstücks bewohnte, und nun waren sie an Ort und Stelle, bei den Arbeiterwohnungen. Die steile, von Leonie bezeichnete Treppe wurde erklommen und da standen sie auf einem kleinen sauberen Vorplätze, rechts und links Thüren, es schienen verschiedene Familien hier zu wohnen. So war es auch, zur Rechten öffnete sich eine Thür und eine nette, freundliche Frau wies ihnen Müllers Wohnung an. Sie kamen erst durch ein kleines Zimmer, dann in die