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Guk e' lo, gut e' lo!" (sieh da, sieh da!) riefen fröhliche Kinder­stimmen 'ihm entgegen. Bald hatte sich eine ganze Schaar der kleinen Dorfbewohner versammelt und» begleitete unter Hellem Jubel die Gäule, welche munter wieherten, als freuten sie sich der frischen Gesichter und des heitern Empfanges.

Ich weiß was der Wagen bringt!" ließ sich die Stimme eines hübschen Mädchens, des Amtmanns Töchterlein, vernehmen und ihre Ge­spielen horchten hoch auf.Das sind ganz gewiß die Sachen, die der Malerin gehören, welche hier wohnen will unten bei Forstmeisters die Frau Bergheim hat es meiner Mutter erzählt, daß sie erst ihre Möbel und Bilder schicken will und dann später selber nachkommt."

Eine Malerin? was ist das?" hörte man fragen in dem Kreis der kleinen Nachlaufenden.

Wißt Ihr das noch nicht einmal!" rief Karl, das frische Post- haltersöhnchen,Maler, das sind Leute, welche die Mordgeschichten abmalen, die immer auf dem Markt gezeigt werden und wobei die Dreh­orgel gespielt wird."

Die dürfen aber nicht mehr ins Dorf kommen," belehrte Amtmanns Minchen,mein Vater läßt sie in den Thurm stecken, wenn sie sich sehen lassen und die Leute bange machen mit ihren gruseligen Geschichten."

O wie schade!" klang es im Chor der kindlichen Stimmen und ein kleines Mädchen fragte:Wird denn nun auch die Malerin in den Thurm gesteckt, wenn sie hierher kommt?"

Dummes Geschwätz!" unterbrach hier eine helle Stimme das Ge- plauder; eine frische, kräftige Frauengestalt, welche ebenfalls dem Wagen gefolgt war und die Reden der Kinder gehört hatte, trat vor und sprach weiter:Wie könnt Ihr denken, daß die gute Frau Bergheim solche Vaga­bunden in ihr Haus aufnehme und daß sie mich als Aufwärterin für die Malerin gedingt hätte, wenn's keine anständige Frauensperson wäre, die eine Zeit lang still hier wohnen will, weil ihr eine gute Freundin gestorben ist, die sie über die Maßen muß lieb gehabt haben. Ich weiß auch nicht recht was sie macht; aber es sind gewiß keine Mordgeschichten. Ich meine gehört zu haben: sie mache die Menschengesichter nach, ich glaube man heißt es: pot pot-"

Photographiren meint Ihr," half schnell Eduard, der Sohn des Pastors, und indem er sich mit etwas altkluger Miene im Kreise umsah, fragte er:Photographien kennt Ihr doch wohl alle?"