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über das, was du schaffst, wirst du hören, kein Verständniß finden für das Höchste und Schönste, was du zu empfinden vermagst." Und sie kam sich plötzlich einsam und verlassen vor, als habe sie eine öde Wildniß betreten.

Und wie wunderbar, dachte sie oft, daß meine geistvolle Elisabeth hier aufgewachsen und glücklich gewesen ist, daß sie stets von der Hei- math wie von dem ihr liebsten Ort auf der Welt sprach!Gewiß! ich muß den Schatz noch finden lernen, der in diesen Menschen und ihrem stillen, einförmigen Leben liegt."

Nach langem, vergeblichen Suchen mußte sie sich entschließen ein Atelier bauen zu lassen. Auch das gab große Schwierigkeit, denn die ländlichen Zimmerleute hatten noch niemals einen Raum für einen Maler hergestellt und fanden sich oft in ihrer Amtswürde gekränkt, wennso eine Jungfer" alles besser wissen wollte wie sie. Doch Mercedes über­wand die widerborstigen Köpfe und die steifen Hände durch ihre sanfte Freundlichkeit und vielleicht noch mehr durch das viele Geld, was sie aus­gab. Der Bau kam zustande, es fiel prächtiges Nordlicht durch das großekuriose Fenster", das sichdie eigensinnige Malerin" extra aus ihrer Stadt hatte kommen lassen und Mercedes war endlich so weit, daß sie ihre Staffelei aufstellen und ihre Sachen ordnen konnte.

Da gab es wieder ein großes Verwundern, als sich eine ganze west­fälische Bauernstube um das feine Fräulein herum zu gestalten anfing. Ein alter wurmstichiger Schrank mit irdenen Töpfen, Krügen und Schüsseln auf dem Gesims darüber, ein plumper Tisch und ein offener Schrank, der alle jene wunderlichen Röcke und Hosen in ihrer ganzen Armseligkeit zeigte lohnte es sich wohl der Mühe solchen Kram abzumalen? Denn daß ihn die Künstlerin zu diesem Zweck mitgebracht, war Allen nun freilich klar geworden.

Doch auch die Zwischenräume der Wände füllten sich mit Skizzen und Studienblättern aller Art. Das sanfte Licht des vielbesprochenen Fensters beleuchtete die traulichsten Dorfwinkelchen auf diesen Bildern, in welchen liebliche Kinder in den dürftigen Röckchen spielten im Sonnen­schein, fröhliche Vöglein auf den moosbedeckten Dächern herumhüpften, so lebendig gemalt als hörte man sie tröstend zwitschern in die arme Welt unter ihnen hinein, und saubere Bauernstuben, wo die Katze behaglich unterm Ofen schlief und das alte Großmütterlein beim Lesen in der Bibel eingenickt war, dort eine junge Mutter, die mit zärtlichem Blick ihr