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5. Die Drillinge.

Fernab vom belebten Theile des Dorfes stand ein Haus am Fuße des tannenumwachsenen Hügels, der das Gotteshaus und die Gräber der Entschlafenen trug. Vor Jahren sah es viel unheimlicher und unwirthlicher aus wie jetzt, wo es fast ganz neu wieder aufgebaut ist, und damals wohnte der Todtengräber darin, der nur einen kurzen Pfad hinauf zu gehen brauchte, wenn seine ernste Arbeit ihn rief die Arbeit des Todes, die ihm und den Seinigen kümmerlich das Leben fristete.

Gleichwohl wuchs das Leben in reicher Fülle um ihn her, in einem Häuflein Kinder, die sorglos spielten zwischen den Gräbern, die der Vater schaufelte, die sich des ärmlichen Daseins freuten mit dem glücklichen Sinn der Kindheit, dem noch ein blinkender Kieselstein ein Schatz, ein Sonnen­strahl ein Glück ist, ob ihm der Glanz auch nur aus Kirchhofsgräsern herausleuchtet.

Aber der Kindersegen schien doch dem Todtengräber und seinem treuen Weibe ein wenig zu groß geworden zu sein, als eine stürmische Märznacht über das Kirchdorf zu der kleinen Hütte herunterflog und ihnen als Frühlingsgeschenk drei kleine, nackte Knäblein auf einmal zurück ließ.

Drei Knaben auf einmal! Wer es weiß, welche Mühen, Kosten, Sorgen die Pflege kleiner Kinder erfordert, der wird es den armen Eltern nicht verdenken, wenn sie mit einigen Seufzern und Thränen das reiche Geschenk in Empfang nahmen. Als der Morgen nach der aufgeregten Nacht in das ärmliche Zimmer leuchtete und die fünf anderen Kinder sich herzu drängten, um das neu aufgegangene Dreigestirn des häuslichen Horizontes zu begrüßen und zugleich das Frühstück zu genießen, das heut Morgen noch etwas schwerer als sonst zu besorgen war; als das Geschrei der hungrigen Drillinge sich mit dem Lärm des springenden Häufleins vermischte da faltete die bleiche Mutter in stummer Angst ihre zittern­den Hände, und der Vater, der in gewohnter Weise mit dem Rücken gegen den Ofen gelehnt, sein Morgenpfeifchen rauchte, blies mit hastigen Zügen und gerunzelter Stirne die übelriechenden Rauchwolken in die Sorgenmolken seines engen Kreises hinein.

In diesem Moment öffnete sich die Thüre und ein junges etwa sechs- zehnjahriges Mädchen mit einem frischen, klaren Gesicht, welches kraus­gelocktes Haar fast wie einen Knabenkopf umgab, trat mit einem großen Korb am Arm herein.