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nicht, als sie schon längst in die Ferne gezogen war und das Thal ihrer Heimath nur selten mehr besuchen konnte.

Dem Todtengräber wurde endlich auch sein Grab gegraben unter den vielen Ruhestätten, die er schon anderen müden Erdenpilgern bereitet hatte. Seine Kinder zerstreuten sich, zwei der Drillinge starben im rüstig­sten Mannesalter, doch König Kaspar hielt sich tapfer und noch immer den Glanz des Dreikönigsgestirns aufrecht. Er hatte sich in einem hübschen, etwa eine Viertelstunde von dem Schauplatz unserer Erzählung entfernten Dörfchen ein nettes Häuschen gebaut, wo er sich und seine Kinder, die ebenfalls in reicher Zahl um ihn her wuchsen, durch sein Schreinerhand­werk und die Hilfe einer sparsamen Frau redlich ernährte. Die alte siebenzigjährige Mutter lebte bei ihm und sie war es vorzugsweise, welche das Bild ihrer jungen Wohlthäterin in den Herzen der Enkel neu auf­leben ließ. Die Geschichte ihres Erscheinens an jenem Morgen in der Hütte, wo die Drillinge gekommen waren, wurde stets wie eine Heiligen- Legende von der guten Alten in dem Kreise der Ihrigen erzählt und immer mit frommgefalteten Händen und nassen Augen angehört.

Die Zeitungsblätter brachten die Kunde von dem Tode der vielge­ehrten Schriftstellerin auch in das Thal ihrer Heimath. Eines Tages kam Kaspar mit einem solchen Blatt von einem Gang aus der Stadt nach Hause und las mit vor Rührung bebender Stimme der alten Mutter und Weib und Kindern den ehrenvollen Nachruf vor, der das Leben und den Tod ihrer edlen Wohlthäterin schilderte. Da wurde auch in der einfachen Bauernstube ein heiliges Thränenopfer den vielen zuge­sellt, die in einem großen Kreise dem aufopfernden, liebethätigen Wirken eines bedeutenden Frauendaseins gebracht wurden.

Da die beiden Eheleute oft zu irgend einer Arbeit in das Dorf, Kas- - par's Geburtsort, kamen, so hatten sie bald die Geschichte von der Ankunft Mercedes' und-ihrer Geschicke erfahren. Bescheiden wie sie waren, suchten sie keine Annäherung zu der Freundin Elisabeth's, obschon oft die alte Drillingsmutter den Wunsch äußerte:Könnt' ich doch nur ein einziges Mal das Fräulein sehen! sie würde mir am Ende ein Bild von der unvergeßlichen Jungfer Betty malen können. Wer so etwas versteht, der muß doch von Gott reich gesegnet sein und man sollte nicht glauben, daß es noch so dumme Menschen gäbe, die das für eine böse Kunst halten."

Ganz unvermuthet aber kam doch die Gelegenheit, wo der gute Kaspar an der Zurückgelassenen Freundin seine Dankbarkeit für die Wohl-