142

und neues Leben!" Dann wieder sah sie das bleiche Weib droben an der Kapelle stehen sie streckte die Hände nach ihr aus und auf einmal war sie nicht mehr alt und krank lichte Gewänder umflossen jugendliche Glieder und sie stand wie eine stolze Germania da und rief ihr zu: Kämpfe und ringe! bleibe hier wo die Jugend Deiner Elisabeth Dir aus frischen Blumen wieder entgegenblüht und den Siegeskranz reicht."

Zuweilen war es ihr auch, als schwebten liebliche Engel um ihr Lager, welche ihr mit sanften Händen die heiße Stirn kühlten und ihr erquickende Getränke reichten es wurde ihr immer so wohl in ihrer Nähe. Doch als die Macht des Fiebers gebrochen war und ihr Be­wußtsein anfing klarer zu werden, da sah sie wohl, daß die vermeintlichen Engel nur freundliche Menschenkinder waren, die Töchter des Hauses, und sie dachte:Sie erscheinen mir wohl nur so schön, weil ich noch im Fiebertraume liege, bin ich einmal ganz erwacht, seh' ich wieder wie sonst nur Mädchen, die den ganzen Tag kochen und bügeln und Abends in den Modejournalen studiren." Und sie schloß die Augen und wünschte nichts, als nur immer weiter fort zu schlafen.

Doch in einer Nacht nach einem langen, ruhigen Schlafe erwachte sie mit völlig klarem Bewußtsein und einem Gefühle beginnender Genesung, das ihr wie ein frischer Labetrunk durch Körper und Seele drang. Sie blickte umher und sah Frau Bergheim sich gegenüber am Tisch beim Schein der Lampe sitzen, die Hände über einem Buch, in dem sie wohl gelesen hatte, ineinander gefaltet, die Augen empor gerichtet, als wäre sie ihrer Umgebung entrückt und blicke in eine andere Welt hinein. Mer­cedes betrachtete sie mit Staunen und Bewunderung es war fast der­selbe Ausdruck, den sie vor dem Ausbruch ihrer Krankheit im Antlitz der Frauengestalt oben in der Kapelle gesehen, nur noch feiner, geistiger, ja heiliger. Sie dachte:Habe ich nicht dieses Gesicht schon Monate lang jeden Tag vor Augen gehabt und niemals ist mir wie jetzt seine regel­mäßige Schönheit aufgefallen!" Der schaffende Trieb, der stets den Künstler ergreift, wenn die Wahrheit des Lebens ihm vor das Auge tritt, erwachte plötzlich in ihr unwillkürlich griff sie umher, als müsse sie Papier und Bleistift suchen, um das schöne Bild festzuhalten. Doch da fühlte sie wieder, daß sie krank im Bette liege und ein tiefer Seufzer entrang sich ihren Lippen.

Frau Vergheim schreckte auf sie sah nach dem Bette der Kranken und sie mit offenen Augen daliegen. Schnell trat sie zu ihr hin,