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Ach Sie wachen, liebe Mercedes!" sprach sie erfreut,und wie klar­sehen Sie aus den Augen! man sieht, wie der lange Schlaf sie erquickt hat. Ich habe mit großer Freude ihre ruhigen Athemzüge gehört."

Mercedes reichte der freundlichen Frau die Hand und sagte:Ja, ich fühle mich wunderbar gestärkt; aber wie gut sind Sie, daß Sie so freundlich noch an meinem Bette wachen! Es ist ja wohl bald Morgen? haben Sie denn gar nicht geschlafen?"

Was sollt' ich? die Nacht ist mir schnell dahin gegangen; ich habe gelesen und mir mit meinen eigenen Gedanken die Zeit verkürzt."

Wie schön müssen diese Gedanken gewesen sein!" rief Mercedes ausich habe Sie betrachtet, als Sie dort am Tische saßen o sagen Sie mir: was dachten Sie?"

Die Fragende glaubte sogar beim Licht der Lampe zu bemerken, daß eine tiefe Nöthe das ruhige Frauenantlitz übergoß. Doch nach einem kurzen Schweigen sagte Frau Bergheim mit der einfachen Art, die ihren: Wesen so eigen war:Ich betete, liebe Mercedes! für Sie betete ich, daß Gott Ihnen Gesundheit und Friede und neue Kraft zur Arbeit geben möchte, und dann zürnen Sie mir nicht daß wir Sie noch lange, lange bei uns behalten dürften, war auch eine Bitte meines Gebetes."

Mit überströmenden Augen drückte Mercedes die Hand ihrer Pfle­gerin an die Lippen.O, wie hab' ich das verdient! ich, die so wenig Ihnen und den Ihrigen gegeben, die nur Unruhe und Verwirrung in Ihr geordnetes Leben gebracht! Verzeihen Sie o verzeihen Sie es mir!"-

Leise strich die Hand der gerührten Frau über die bleiche Stirn der Kranken.Regen Sie sich nicht auf mit traurigen Gedanken; ich meine nach dieser Krankheit müsse Alles besser werden Sie müßten fühlen wie lieb wir Sie haben, und wenn Sie nun einmal nicht mehr mit uns leben können, wenigstens nicht mit gehässigen Vorstellungen von uns scheiden."

Sprechen Sie nicht so! ach Sie sind viel zu gut gegen die Fremde gewesen, die sich so eigenwillig in Ihr Dasein gedrängt hat. Warum o warum muß unser Leben, unser Thun und Treiben ein so verschiedenes sein?"

Verschieden ist es freilich," erwiderte Frau Vergheim dieser Klage Mercedes',aber ich habe oft im Stillen gedacht, es müsse doch eine