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bald vorübergehende Krankheit. Sie sollen sehen, der Aberglaube mit demAbmalen" schadet Ihnen nichts mehr. Sie glauben nicht, wie eifrig unsere beiden Geistlichen in Ihrem Interesse gewesen sind und den Leuten zugeredet haben, daß sich jetzt alle schämen, die so dummes Zeug geglaubt und geredet haben."

Das habe ich freilich nicht verdient von diesen Männern," sprach Mercedes beschämt,ich war eine ziemlich schlechte Kirchengängerin."

Das ist wahr, aber unser verständiger Herr Pastor hat den Grund geahnt und kann ihn wohl verstehen. Es ist ihm selbst leid genug, daß noch so Manches mangelt beim Gottesdienst, besonders ein guter Gesang und ein schönes Orgelspiel. Doch es will Alles seine Zeit haben in einer so kleinen Gemeinde, wo kein überflüssiger Reichthum ist. An den höl­zernen Heiligen hängen nun einmal die Bauern und lachen Sie nicht, liebe Mercedes! auch uns sind sie gute Freunde geworden, da sie schon unsere Urgroßeltern in den Kirchen haben sitzen sehen und so manche frohe, wie traurige Andachtsstunde mit uns gefeiert haben. Die Liebe und die Erinnerung haben uns eine Decke über ihre Mängel gebreitet. Und wenn nach einer harten Woche voll Arbeit und Sorge nun auch die Sonntagsstille im Herzen eingekehrt ist und das Wort Gottes wie ein Frühlingssäuseln hindurch weht dann fangen Engel in uns zu singen an und ordnen unsere Gedanken zu einer Melodie, welche die Mißtöne von draußen überstimmt. Ich wenigstens höre sie nicht mehr bei diesem inwendigen Gesang, in welchen alle meine Lieben auf Erden und meine Seligen im Himmel einstimmen."

Mercedes drückte sich immer fester in die Arme der neuerworbenen Freundin.O, Du bist eine größere Künstlerin als ich," sagte sie,Du liebe, innige Seele! Du kommst mir vor wie ein Kind in Correggio's Christnacht, das von Innen heraus leuchtet und deshalb keines Lichtes von Außen bedarf."

Sage das nicht, Mercedes!" sprach Frau Bergheim, mit einem herz­lichen Kuß auf die Lippen der Kranken das angebotene Du erwidernd ich bedarf auch des Lichtes von Außen, viele Liebe von Euch und vor Allem bedarf ich des Lichtes von Oben! Doch nun wollen wir nicht weiter mehr plaudern, Du mußt noch ein wenig ausruhen, derweilen ich gehe und Dein Frühstück besorge. Sieh! die Nacht ist vorüber, das Morgenroth liegt schon auf den Bergen." Sie hatte bei diesen Worten den Vorhang weggeschoben und die Lampe ausgelöscht.